Das ist aber auch manchmal schwer zu beurteilen. Zumindest stelle ich das für mich fest. Ich mache mir seit Monaten einen Kopf drum und bin ganz froh, dass ich Felix im Moment aus gesundheitlichen Gründen nicht rauslassen kann und damit mit den anderen Jungs auch keinen Freigang anfange. Hier gibt es schon einige Freigänger. Aber auch:
- eine der beiden Hauptverkehrsstraßen des Städtchens in ca. 350 Meter Entfernung
- dort einen Friedhof, auf dem auch mal Rattengift zum Einsatz kommt (so einmal im Jahr)
- eine direkte Nachbarin, die „wenn ich die mal in die Finger kriege“ über eine Katze sagt, die Kratzer auf dem Deckel ihrer stinknormalen und dementsprechend auch nicht hübschen Regentonne hinterlassen hat und meinen Paul (saß im Fenster) mit „Hau bloß ab, du schwarzer Deibel!“ bedenkt
- und eben jenen Paul, der Vorsicht nicht kennt, bei Krach neugierig schaut, was da so laut ist, sich für einen großartigen Helden hält und denkt, alle müssen ihn lieben. Der würde auch glauben, die Nachbarin muss ihn toll finden.
Eigentlich traue ich mich so nicht. Es kann sein, dass ich zu übervorsichtig bin, gerade weil ich noch nie Freigänger hatte. Ich weiß es nicht. Derzeit tendiere ich zum gesicherten Gartenanteil. Auch wenn ich Freigang, wo möglich, für das Beste halte.
Und nein: ich teile nicht diese komischen Vorurteile über Freigängerhalter. Es gibt sowohl unter ihnen, als auch unter Wohnungshaltern gute/verantwortungsvolle/besorgte und fürsorgliche Katzen-Mitmenschen, sowie weniger gute/verantwortungsvolle/usw.
Also, ich möchte dir raten, zuerst mal unter deinen (möglichst direkten) Nachbarn fünf Katzenhalter ausfindig zu machen.
Klar, so was ist nicht so einfach, aber wenn man ein bisschen freundlichen small talk mit der Nachbarschaft macht, kriegt man das schnell heraus.
Und dann fragst du diese fünf Nachbarn mit Katzen danach, wie sie ihre Katzen halten, warum sie die so und nicht anders halten und wie ihre Erfahrungen mit dem Wohngebiet sind.
Ich denke, dann bekommst du einen praxisnahen Eindruck von deinem Wohngebiet und kannst das mit deinen selbst gemachten Einschätzungen abgleichen.
Meine persönliche Einschätzung zu deinen vier Punkten ist folgende:
- Hauptverkehrsstraße in 350 m Entfernung: Wir haben eine vierspurige Bundesstraße in 400 m Entfernung, abgetrennt durch einen Streifen Misch- und Gewerbegebiet, aber trotzdem liegen dort recht regelmäßig kleine Leichen.
Wobei die 30er Zone, die nur für Straßenkunst gehalten wird, mindestens ebenos gefährlich ist.
- Rattengift auf dem Friedhof: Kannst du in Erfahrung bringen, wann das Gift ausgelegt wird? Dann sollte das kein Problem darstellen, dann müssen deine Katzen nur für eine Woche oder zwei drin bleiben. Bzw. kommt bei deiner Nachbarbefragung ja auch heraus, dass das Gift ordnungsgemäß gesichert ausgelegt wird und es keine Unfälle gab bisher.
- doofe Nachbarin: So etwas ist sehr schwer einzuschätzen. Es gibt ja einerseits die Leute vom Typ "Hunde die bellen, beißen nicht", aber andererseits gibt es auch leider Leute, die setzen ihre Drohungen eiskalt lächelnd in die Tat um.
Ich denke, deine Nachbarschaftsbefragung kann auch hier etwas Aufschluss geben darüber, von welchem Typ deine Nachbarin ist.
Und vielleicht kannst du sie ja auch positiv deinem "schwarzen Deibel" gegenüber stimmen, wenn du ihr ab und an mal ein Stückchen vom Sonntagskuchen rüberbringst, ihr bei den Mülltonnen rausstellen hilfst und solche Kleinigkeiten, und dabei fröhlich über deinen "schwarzen Deibel" erzählst, was für ein niedlicher Schatz der ist und wieviel Freude er dir bereitet.
- Charakter von Paul: ganz ehrlich, deinen Paul (ist das der Schwarze?) erinnert mich sehr an unseren Ait (der ist auch schwarz) und der sollte eigentlich eine leuchtend weiße Nase haben, so neugierig, wie der ist. Alle unsere Kater sind total versessen auf Besuch und flitzen schneller als ich an die Tür, wenn der Postbote klingelt, weil sie von ihm geknuddelt werden wollen. Und alle sitzen am Zaun zur Einfahrt und gurren die Schulkinder an, dass sie reinlaufen und sie durchs Gitter streicheln, aber Ait toppt das noch. Der ist voll das neugierige Kind und hat so überhaupt keinen vorsichtigen Charakter. Und Vorsicht schützt, wenn das fehlt... Nicht so gut für Freilauf.
Weil den Charakter der Katze kann man ja nicht beeinflussen.
Ich wünsche dir, dass du die richtige Entscheidung findest für dich und deine Katzen dort wo du lebst.