@ Five:
Ich verstehe dich ein Stück weit glaube ich, warum du tust was du tust und wie du dir dein Bild der Situation machst.
Du hast uns Außenstehenden gegenüber den Vorteil vor Ort zu sein, mehr mitzubekommen und das ist deine Chance. Aber... du neigst dazu deine Katzen in ähnlicher Weise zu interpretieren wie Menschen, das hilft euch nicht.
Bitte schau aus Püppchens Perspektive, das meine ich so wörtlich als würdest du in ihr Fell schlüpfen und beobachte.
Sieh hin, was tut wer und wieso.
Reine Faktensammlung, nur die Katzensprache lesen, absolut ohne Interpretation.
Eine Art Tagebuch aus reinen Beobachtungsfakten kann viel helfen, das Bild/die Struktur dahinter zu erkennen.
Versuche nur die Details die du siehst zu sammeln, ohne Interpretieren, ohne Vergleich mit wer schon mal so gehandelt hat und was dann war usw.
Katzen denken nicht wie wir Menschen um die Ecke, Püppchen beobachtet beim Blick in den Hof anders als du, sie denkt sich dabei keinesfalls "aha, so macht Annika das, versuch ich auch mal", sie liest nur die kätzischen Signale und schlußfolgert daraus, ohne Interpretation.
Eine Wildtierkamera oder etwas ähnliches kann dir viel helfen ganze Situationen mitzuschneiden (Fotos oder Video) ohne dabei zusein und sie hinterher minutiös zu begucken - ich mache das bei meiner Gruppe draußen gern um das Verhalten untereinander, grad wenn irgendwie der Wurm drin ist, genau zu kontrollieren, wer sich wem gegenüber wie verhält ohne meinen Einfluß. Auf den Fotos oder im Video kann man sowieso mehr sehen, als man selbst wahrnimmt, wenn man dabei steht, denn man kann nicht alle gleichzeitig im Blick haben und oft sind es zu viele Details, als dass man alles bemerkt.
Mit "Interpretieren" meine ich, gleich dem gesehenen Verhalten eine bestimmte Bedeutung zu geben, aus Erfahrung (im Vergleich mit anderen Katzen), aus sich Wünschen, aus... völlig egal, man "tunnelt" in jedem Fall. Und wenn man sich rein an die beobachteten Fakten (Ohrenstellung, Körperspannung, Schwanzhaltung, Lautäußerung,...) hält, bekommt man ein unverstelltes Bild. Es bleibt dann immer noch die Frage warum sich wer wie und wieso genau jetzt verhält... da hat man genug Rätsel, die zu lösen sind. Zu lösen aufgrund der Beobachtung der kätzischen Körpersprache. Eigentlich ganz simpel - theoretisch, nur sind wir eben nicht 24/7 dabei und selbst wenn, dann erfassen wir einfach nicht alles.
...Er kam rein, guckte zu ihr hoch - und sie hat einmal kräftig und selbstbewusst gefaucht, ohne ihre Position zu verändern. Auch das hatte etwas von: ich mach dir jetzt mal eine Ansage...
Nein, das ist -wie die anderen schon schrieben- deine Interpretation.
Fakten sind "er guckt hoch" (wo sind die Ohren? wie ist seine Körperspannung? wohin zeigen die Schnurrhaare? hat er geblinzelt?....) und sie faucht (defensiv, Grenzziehung; aber wo sind danach ihre Ohren? Wie sitzt sie? undundund, da wären Details, die du auf einem Foto/Video genau angucken könntest)
"ohne ihre Position zu verändern" kann auch heißen "freeze"/eingefroren, also eher das Gegenteil einer Ansage. Ansage wäre z.B. ihr Hinterteil erhebt sich langsam, die Ohren drehen nach hinten, sodaß die Rückseiten nach vorn zeigen, die Schnurrhaare sind Richtung Merlino gebogen - das wäre eine Angriffsdrohung.
Er geht danach raus - angespannt oder locker, hat er vorher geblinzelt, wo sind nach ihrem Fauchen seine Ohren gewesen, wie war die Schwanzhaltung undundund, das sind alles sehr wichtige Details die eine Deutung erst möglich machen.
...*plumps, fauch, sing* - in Sekundenschnelle hat sich gerade in meinem Rücken etwas ereignet, und wie ich herumfahre, sehe ich Püppchen auf dem Boden in "Verteidigungsstellung" liegen und Merlino steht davor und will tatzen...Ich habe dem Herrn sofort einen Zimmerverweis erteilt und Püppchen sitzt wieder auf der Kommode. ABER: sie ist nicht von der Kommode gefallen. Entweder ist sie herunter gesprungen und er wie der Blitz in der gleichen Sekunde zur Stelle gewesen oder aber sie ist herunter gesprungen, als er schon da war ...
Wie dem auch sei - sie kam freiwillig herunter. Ob in der Absicht, sich mit ihm zu konfrontieren oder ob sie dabei von ihm überrascht wurde, werde ich nicht ergründen. ...
Sie kam freiwillig runter ist Interpretation - sie ist offensichtlich runtergesprungen, hat gefaucht und dann in Verteidigungsstellung gesungen. Man könnte auch Interpretieren, daß sie singt, weil er ihr Fauchen ignoriert hat und nun in höchster Abwehr am Boden liegt, denn den Fluchtweg versperrt er offensichtlich.
Möglicherweise ist sie runtergesprungen, weil er reinkam, sie anblickte und offenkundig zu ihr hochwollte - wäre auch Interpretation.
Oder sie ist runtergesprungen und wollte raus aus dem Zimmer, was er wie ein geölter Blitz durch Erscheinen verhindert hat. Auch Interpretation.
Aber alles andere Interpretationen wie deine, doch ebenso möglich. Leider leider gibt es keine Aufzeichnung, die hättest du dir da sicher auch gewünscht
😉 oft sind das nämlich Schlüsselmomente.
So sehr ich mitfühlen kann, was du dir wünscht und wo du mit deinen Katzen hin möchtest verhaltenstechnisch, bitte übe genaues Hinsehen, nur hinsehen und speichere die Details, erst auf solcher Grundlage kannst du die Situationen lesen. Interpretationen helfen euch nicht, sie bergen die Gefahr etwas zu übersehen und zu verpassen...
Liebe Grüße
Karen