Ein Therapienotstand ist gegeben, wenn die Gesundheit eines Patienten ernsthaft gefährdet ist, aber kein wirksames Medikament zugelassen oder keine anerkannte Behandlungsform etabliert ist.
Der Begriff findet vor allem in der Tiermedizin Anwendung, wo insbesondere für seltenere oder wirtschaftlich weniger bedeutsame Tierarten aufgrund der hohen Anforderungen an eine Arzneimittelzulassung keine zugelassenen wirksamen Arzneimittel zur Verfügung stehen. Er wird in Deutschland durch § 56a, Abs. 2 des Arzneimittelgesetzes (AMG) geregelt. Hierbei dürfen Medikamente bei Tieren eingesetzt werden, auch wenn diese keine Zulassung für die jeweilige Tierart oder Indikation besitzen, vorausgesetzt, dass eine Gefährdung der Gesundheit von Mensch und Tier nicht zu befürchten ist. Bei lebensmittelliefernden Tieren ist darüber hinaus zwingend vorgeschrieben, dass der Wirkstoff in Anhang I–III der Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 über Höchstmengen für Tierarzneimittelrückstände in Nahrungsmitteln aufgeführt ist. Bei Pferden kann diese Einschränkung durch einen Equidenpass umgangen werden, der eine Nutzung als Schlachttier ausschließt.
Für die Umwidmung, also die Verwendung eines Arzneimittels für eine andere Tierart oder Indikation, schreibt das Tierarzneirecht eine „Umwidmungskaskade“ vor:
Zunächst muss ein anderes Medikament verwendet werden, das zwar für die jeweilige Tierart, aber nicht für das Anwendungsgebiet zugelassen ist, wenn dieses auch einen therapeutischen Effekt verspricht. Bei lebensmittelliefernden Tieren ist die entsprechende Wartezeit einzuhalten.
Ist ein solches Medikament nicht vorhanden kann ein für eine andere Tierart zugelassenes eingesetzt werden. Die Wartezeit wird auf mindestens 28 Tage für essbare Gewebe, 10 Tage für Eier und 7 Tage für Milch festgesetzt. Bei Pferden gilt eine Wartezeit von 6 Monaten.
Ist ein Medikament nach (2) nicht verfügbar, darf ein in Deutschland zugelassenes Humanarzneimittel oder ein in einem anderen EU-Land zugelassenes Tierarzneimittel eingesetzt werden. Die Wartezeitregelung erfolgt wie unter Punkt 2. Ein Import von Humanarzneimitteln aus dem Ausland zur Verwendung bei Tieren ist seit der 14. AMG-Novelle vom 29. Oktober 2005 nicht mehr zulässig.
Sind auch nach Punkt 3 keine Medikamente verfügbar, darf ein vom Tierarzt selbst oder von einer Apotheke hergestelltes Arzneimittel eingesetzt werden.
In der Humanmedizin ist der Begriff eher unüblich. Übertragen ließe er sich auf das Alleinvorgehen des Arztes im medizinischen Einzelfall, wie zum Beispiel mit Hilfe des Off-Label-Uses.