Was kann man also tun, um sich dem negativ-Kreis zu entziehen und die Freude am Tierschutz zu bewahren?
Schwierige Frage. Ich denke jeder würde sie anders beantworten, da jeder Mensch individuell ist und auch individuell Konflikte bewältigt. Jeder tickt praktisch anders. Es gibt Menschen, die gehen nach aussen und wollen darüber reden und fühlen sich danach besser. Dann gibt es aber auch solche, die alles in sich reinfressen und dann gibt es noch die ganzen Graustufen dazwischen. Ich finde das Rauslassen grundsätzlich gesunder, denn man teilt sich ja nicht nur mit und befreit sich von seinen Gefühlen, sondern man kann auch eine Antwort erhalten
🙂
Ich denke, wie du am besten mit dieser Situation fertig wirst hängt grundsätzlich von deiner Einstellung dir selbst, deinem Leben und deiner Tierschutzarbeit ab, wie du die Prioritäten in deinem Leben setzt usw. Das ist auch bei jedem anders.
Ich kann dir nur sagen wie ich das für mich regele, kann dir aber ncith sagen, ob es dir weiterhilft.
Ich sehe mich grundsätzlich als eine wichtige Etappe im (Schicksals-)Leben meiner Pflegis. In der Regel kommen sie aus einer Negativsituation: von der Strasse, allein gelassen, ausgesetzt, wie auch immer....oder aus schlechten Verhältnissen oder, oder, oder. Ich habe selten Tiere hier, die vorher nur positives erlebt haben. Wird bei dir ähnlich sein. Das Schicksal führt diese Tiere nun also zu mir und bei mir werden sie etwas lernen, was für den Verlauf ihres zukünftigen Schicksales von Bedeutung sein wird. In der Zeit, wo sie bei mir in Pflege sind machen sie unterschiedliche Erfahrungen mit mir und ich mit ihnen. Ich trage die Verantwortung, sie sind in meiner Obhut. Es ist ein Lernprozess für beide Seiten, der aber im Grunde darauf abzielt, sie auf den nächsten Schritt vorzubereiten, nämlich glücklich in einem eigenen Zuhause zu werden. Ohne den Zwischenschritt bei mir, wäre vielleicht alles schwieriger und für einige von ihnen wäre es dann nicht möglich. Ich bin ein notwendiger Zwischenschritt, damit sie ihre Chance kriegen, praktisch wie eine Eintrittskarte, denn meine Arbeit besteht darin, sie kennenzulernen, richtig einzuschätzen ihnen das passende Zuhause zu suchen, in dem die Katze mit dem Mensch und der Mensch mit der Katze glücklich ist. Also beide zueinander passen. Das ist nicht so einfach, sondern viel Arbeit. Manchmal finden sich Menschen und Tiere auch so und wissen von der ersten Sekunde an, dass sie zueinander gehören. Aber bei vielen braucht es eben diesen Zwischenschritt. Und für den brauchen die ganzen umherrirrenden heimatlosen Katzen uns.
Ist der Lernprozess für die Pflegikatze beendet, kommt der Lernprozess für die Pflegestelle, nämlich die Abgabe/Trennung. Thema: Loslassen können. Ich kann relativ gut loslassen, weil ich meine Aufgabe in dem ganzen eben ganz klar definiert habe (siehe oben). Ich weiss, dass ich nur der Zwischenschritt bin. Sie sind nicht zu mir gekommen, um zu bleiben, sondern jeder von uns sollte es dabei lernen, hatte eine Aufgabe zu erfüllen und dann trennt man sich und jeder geht seinen Weg weiter. So wie im richtigen Leben eben auch. Richtig loslassen kann ich aber erst richtig, wenn ich 6 Monate später die Nachkontrolle gemacht habe. Berichte und Fotos zwischendurch helfen schon das Endloslassen auch durch zu ziehen. Ich fühle mich 6 Monate nach Abgabe immer noch für meine Schützlinge verantwortlich ob ich die Verantwortung eigentlich an die neuen Besitzer abgegeben habe.
Ich weiss ja nicht, wie das generell mit dem Loslassen bei dir ist, aber wenn man das kann, auf eine gesunde Art und Weise, dann klappt es bei der Pflegestellenarbeit mit der passenden Einstellung schon, also müsste eigentlich klappen.
Frühzeitig verstorben ist noch keiner meiner Ex-Pflegis und verschollen auch nicht, zumindestens nicht das ich wüsste. Fakt ist aber, dass deine Aufgabe ja auch beendet ist, das Tier geht weiter seinen Weg und du deinen. Du hast es ja nur auf diesem Teilstück begleitet und beide Seiten haben im besten Fall viel mitgenommen während dieser Begegnung. Aber Dinge verändern sich, Menschen auch und Situation. Das Leben ist dynamisch, Veränderung ist Leben. Manchmal nimmt das Schicksal seinen Lauf und beendet frühzeitig ein Leben. Ja, das kann passieren. Der Tod gehört zum Leben dazu und jeden trifft es eben dann wann es ihn treffen soll. Genauso wie die Katzen, die bei mir Zuflucht finden, Zuflucht finden sollen und deine Pflegis bei dir. Es gehört einfach zu ihrem Lebensweg dazu, aber du bist nicht verantwortlich für ihr weiteres Schicksal, wenn sie z.B. krank werden, frühzeitig sterben oder womöglich abhanden kommen durch einen Unfall o.ä. Du gibst ihnen das, was du ihnen mitgeben kannst und dann geht es weiter zum nächsten Lebensabschnitt.
Bei mir hat sich diese "Haltung" einfach im Laufe der Arbeit entwickelt und dann etabliert. Ich funktioniere so ganz gut, weil einfach über allem steht, dass sie ohne mich vielleicht nicht die Chance bekommen hätten. Es steht und fällt auch viel mit der Vermittlung. Ich weiss ja nicht wie du vermittelst aber bei mir geht es nur aus dem Bauch heraus. Der Bauch muss einverstanden sein. Ich habe aber auch ein ausgesprochen gut ausgeprägtes Bauchgefühl, auf das ich mich immer verlassen kann. Das ist ja nun nicht unbedingt bei jedem so. Bisher ist jeder Pflegi dort gelandet, wo er landen sollte. Rückläufer hatte ich bis jetzt noch keine *schnell-auf-holz-klopft*.
🙂