Aber dass sie die Trächtigkeit und das "Muttersein" als schön und befriedigend empfinden können, wird kategorisch bestritten.
Katzen können empfinden, doch sie können keine komplexen, menschenähnlichen Gefühle entwickeln o. ausleben. Eine "Unglaubwürdigkeit" kann ich in diesem Falle nicht entdecken.
Dass für Katzen das Muttersein lediglich mit einem Trieb verbunden ist, ist allein schon daran erkennbar, dass sie keine längerfristige Bindung zu ihren Kitten aufbauen und sie beim Verlust dieser (durch Tod o. Weitervermittlung) nur eine kurze Trauerphase – wenn überhaupt – durchleben.
Dieses brüchige "Gedächtnis" sowie die Eigenschaft, keine zu tiefe Bindung zu den Abkömmlingen aufzubauen, ist naturbedingt notwendig.
Das hat absolut nichts damit zu tun, dass es für die einzelne Katze ein wichtiges Grundbedürfnis sein kann, sich fortzupflanzen.
Fortpflanzung; ein Grundbedürfnis für Katzen?
Leidet oder trauert eine Katze, weil sie keine Kitten bekommen kann? Ist eine kastrierte Katze überhaupt in der Lage zu begreifen, dass sie fortpflanzungsfähig gewesen ist? Begeht sie Selbstmord, weil sie keine "Mutterfreuden" durchleben kann?
Der sexuelle Trieb ist eine Notwendigkeit, um die Art – bei Bedarf zu erhalten, doch kein Bedürfnis.
Es ist ein Risiko, morgens überhaupt aufzustehen, es ist ein Risiko, die Katze nach draußen zu lassen usw.
Du möchtest nun aber nicht behaupten, dass eine unkastrierte Freigängerkatze risikoärmer als eine kastrierte Katze lebt?
Man sollte einfach so ehrlich sein und sagen, dass es wirklich "natürlich" ist, dass die Katze rollig ist, dass sie gedeckt wird und dass sie Kitten aufzieht.
Natürlich ist es natürlich. Das bestreitet niemand.
Mammatumore als Resultat der Rolligkeit sind ebenso natürlich. Sollten sie nun nicht mehr behandelt werden oder keine Vorbeugung mehr durch eine Kastration erfahren, weil sie so toll natürlich sind?
FIV ist auch natürlich. Aber erhaltenswert?
Sämtliche Wildtiere leben auf genau diese natürliche Weise.
Oft ist ihr Leben schwer, viele sterben jung.
Das ist Natur.
Diese Ansicht vertrat ein Bauer aus der Gegend hier ebenfalls. Seine unkastrierten, ungeimpften Katzen leb(t)en ein vollkommen naturnahes Leben und erfreuten sich bester Gesundheit.
Natürlich kam es wie es kommen musste.
Die Katze erlag Mammatumoren, die Kitten starben fröhlich an der Seuche o. wurden von Füchsen erbeutet, der Kater infizierte sich mit FIV und kam eines Tages nicht mehr wieder. (Das, tigerlilly94, wünsche ich dir nicht.)
Mein erster Kater stammte aus einem Wurf dieser Katzen wurde auf Anraten des Bauern nicht geimpft und starb später an FeLV.
Alles natürlich.
Als Mensch werde ich persönlich aber diesen Bestandteil der Natürlichkeit niemals gänzlich gutheißen, denn es bricht mir das Herz, Tiere unter erbärmlichen, "naturnahen" Bedingungen leben und sterben zu sehen, wenn es "widernatürliche" Möglichkeiten zur Besserung gibt.
Ich habe nicht den Eindruck, dass Tigerlilly sich nicht um ihre Katzen kümmert.
Eine unkastrierte Katze in den Freigang zu entlassen, damit diese sich mit kranken Streunern paart, um die daraus resultierenden Kitten mit 8 Wochen an x-beliebige Leute zu verschenken, ist nicht unbedingt das, was ich unter umfassender Fürsorge verstehe.
Aber gut, suum cuique.
Ich denke, ihren Katzen geht es besser, als mancher Züchterkatze, die ihren Partner nicht frei wählen darf, die lebenslang in der Wohnung sitzen muss und ebenfalls zur Überpopulation beiträgt.
Schon einmal einer Katzenverpaarung im Freien beigewohnt?
Der Paarungsakt ist keine schöne, zärtliche Verbindung zweier Geschöpfe, sondern erinnert in meinen Augen mehr an eine Vergewaltigung.
Und auch dies ist Natur; das Weibchen kann zwar bedingt seinen Fortpflanzungspartner wählen, doch ist es bei Säugetieren keine Seltenheit, dass mehrere brünstige Männchen es im "Eifer des Gefechts" vergewaltigen.
Fräglich, ob das betreffende Weibchen, das zwar aufnahmebereit ist, dies als besonders schön empfindet.
Ansonsten ängstigt es mich gerade, wie unter dem Deckmantel der Natürlichkeit dieses Handeln abgesegnet wird.
Ein Neuling, der dies liest, wird die "Natürlichkeit" wahren wollen, indem er eine unkastrierte Katze nach draußen lässt und ihr das "Geschenk" der "Mutterfreude" gewährt.
Die Katzenpopulation ist zwar deutlich aus dem Ruder gelaufen, doch wird schließlich mit schöner Regelmäßigkeit durch den Menschen und nette Erkrankungen reguliert.
Tötungsstationen o. das Ertränken/Aussetzen von Kitten fungieren gleichsam als naturnaher "Ersatzvirus", durch den die Katzen einen naturnahen Tod durch Ertrinken, Erfrieren, Vergasen, Verhungern, Verdursten u.Ä. erleben können.
Das dabei erfahrene Leiden und die Todesangst ist ebenfalls nur natürlich.
Da der Mensch Teil der Natur ist und somit sein Handeln natürlich ist, da es Resultat seines naturgegebenen Verstandes ist, ist das großflächige Einpferchen und Vergasen von Katzen ebenfalls natürlich.
Zusammengefasst: Alles gar nicht schlimm.
Ich möchte verdeutlichen, wie anfällig das "Argument" der "Natürlichkeit" doch ist und wie leicht man es jeweils für die passende Fasson verzerren kann.
Theoretisch ist es in Populationen natürlich, behinderte/eingeschränkte Tiere/Menschen zurückzulassen oder auszustoßen, weil diese das Gesamtwohl der Population beeinträchtigen könnten.
Da dies natürlich ist, ist es natürlich nur legitim und natürlich, eingeschränkten Menschen überhaupt keine Hilfe zu gewähren.
Beängstigend.
Ansonsten erfreue ich mich jetzt an meiner widernatürlichen Katze, die ganz ohne jemals geworfen zu haben, zufrieden auf Bäume klettert.
Gegen Leukose gibt es die Impfung und FIV kann man sich auch bei Beißereien einhandeln. Es ist also ebenfalls ein Risiko, Katzen überhaupt Freigang zu gewähren.
Das könnte man dann auch mit "unverantwortlich" titulieren.
Unkastrierte Katzen haben eine 2,5-fach erhöhte Risiko an FIV/FeLV zu erkranken.
Eine Katze (mit diesem Wissen) nach draußen zu lassen, ist schlichtweg unverantwortlich.