Ich halte die Unterstellung, dass Doxy, und zwar dezidiert Doxy, "auf das Immunsystem gehen soll" bzw. "immunsuppressiv" wirken soll, für Geschwirbel der Tierärzte.
Dass sich diverse Tierärzte weigern, Doxy rauszugeben, dafür mit Fluorchinolonen wie Bonbons um sich werfen, unabhängig ob diese nun indiziert sind oder nicht, habe ich auch schon erlebt, und zwar häufig. Der übermäßige und vor allem unhinterfragte, eventuell sogar nicht angesagte/indizierte, unangebrachte Gebrauch von Fluorchinolonen stellt durchaus ein Problem für die Humanmedizin dar hinsichtlich der immer schwieriger werdenden Resistenzlage - insofern sollten eigentlich GENAU DIESE Präparate, genauso wie im übrigen Cephalosporine der 3. und 4. Generation (Convenia!) NICHT freihändig verteilt werden, siehe auch die neuen Antibioserichtlinien:
http://www.bundestieraerztekammer.de/downloads/btk/leitlinien/Antibiotika-Leitlinien_01-2015.pdf
Ich halte das Ganze für ein Problem aggressiver Pharmawerbung in Verbindung mit Tierärzten, die teilweise erschreckend wenig Ahnung hinsichtlich der Wirkungsweise von Antibiotika im Allgemeinen haben bzw. sich jahrelang diesbezüglich auch nicht ordentlich fortgebildet haben. [Randbemerkung: An den Wirkstoffgruppen, den verschiedenen, sowie deren Wirkweise, deren von vorneherein bestehender Unwirksamkeit bei bestimmten Erregern hat sich allerdings die letzten Jahrzehnte NICHTS geändert. Insofern ist es eben NICHT nur ein reines Fortbildungsproblem, sondern man hat ganz offensichtlich früher schon einiges nicht kapiert, vergessen, was weiß ich ...]
Ich meine, was bekommt man schon in einer normalen Praxis für Antibiotika? Die meisten kennen Amoxicillin, das es in Verbindung mit Clavulansäure von diversen Herstellern als Vetmedpräparat gibt, sowie Baytril (Enrofloxacin, gibt es auch unter anderen Namen, Enrotab z.B.) und Marbofloxacin (hier gibt es unterschiedliche Präparate) und natürlich Convenia, weil's, wie der Name schon sagt, so bequem ist. Veraflox (Pradofloxacin) kennen schon die wenigsten, dass diverse (überwiegend althergebrachte!) Antibiotika aus der HumMed umgewidmet werden können und auch sollten (!) bei dementsprechenden Erregern ist vielen nicht bekannt.
Wenn ich schon lese, wie hier auch, dass ein Tierarzt damit anfängt, was für Anwendungsgebiete auf dem Beipackzettel gelistet sind ... da stellen sich mir wirklich die Haare auf. Die Verordnung einer Antibiose sollte nach den Erregern erfolgen und danach, was die Antibioserichtlinien dafür vorschreiben. Die gibt es - generelle aus der HumMed (und viele Keime sind diesselben, sprich: es gelten die gleichen Richtlinien) genauso wie spezielle aus der VetMed. Wenn die Erreger nicht bekannt sind, hat ein Tierarzt das Antibiotikum darauf auszurichten, welches die MÖGLICHEN Erreger sind und ein Antibiotikum zu wählen, das diese bestmöglich abdeckt.
Nur leider wissen die wenigsten Tierärzte, was überhaupt eine feline Atemwegserkrankung (und nicht nur die) überhaupt auslösen kann - merkt man immer, wenn man z.B. nachfragt, ob ein Abstrich gemacht werden kann und der Tierarzt antwortet, das ergebe keinen Sinn, in der Rachenflora sind doch soo viele Bakterien, da wisse man ja gar nicht, was man nachher mit dem Ergebnis soll. Was für ein Unfug, was für eine Unkenntnis! In den goldenen Antibiose-Anwendungsregeln ist einer der wichtigsten Punkte, dass das Vorhandensein eines Keims NICHT heißt, dass dieser auch automatisch krankheitserregend ist. Und es steht in wirklich JEDEM Standardwerk der VetMed, welches die Haupterreger aka Primärerreger einer felinen Atemwegserkrankung sind. Das sind nicht viele, ich habe sie schon zigfach genannt. Dass sich fast immer Sekundärerreger auf eine Infektion setzen können - geschenkt. Eine Antibiose sollte den Fokus aber auf die Primärerreger, die Auslöser legen - und nicht auf die, die, wie ich so salopp formulierte, "mit Party feiern".
Doxycyclin ist reizend, ja. Es wird mitunter schlecht vertragen. Und es kann zu einem Ulcus führen. Im Gegensatz zu vielen anderen, zum Großteil sehr viel häufiger eingesetzten Antibiotika, sind die potentiellen und vor allem irreversiblen (!) Nebenwirkungen aber überschaubar. Wenn ich immer wieder lese, wie viele Tierärzte noch Baytril verwenden, komme ich, mal abgesehen davon, dass ich Unwissenheit unterstelle, nicht umhin zu glauben, dass sie davon noch Berge in irgendeiner Vorratskammer haben, die weg müssen. Anders ist es nicht zu erklären, weshalb heute noch ein AB eingesetzt wird, das mittlerweile über ZWEI direkte Nachfolger verfügt (nach besagtem Enrofloxacin kam Marbofloxacin und dann Pradofloxacin), die BEIDE jeweils im Vergleich zum Vorgänger über ein verbreitertes Wirkspektrum verfügen, darüber hinaus bessere Resistenzlagen vorweisen (siehe unter anderem Vetpharm) UND NICHT DIE GEFAHR einer zwar seltenen, aber durchaus vorkommenden Nebenwirkung aufweisen, die der Netzhautablösung, die zur Erblindung (!) der Katze führt. Es gab hier im Forum bereits einen Fall (die Katze ist leider danach an der Ursprungserkrankung verstorben), darüber hinaus lässt sich das auch googeln. Oder warum bei felinen Atemwegserkrankungen ständig "blind" Convenia gegeben wird, obschon es als Cephalosporin 3. Generation NICHT gegen drei der vier Primärerreger wirken kann. Da bringt auch kein "Bei uns hat das immer gewirkt, wir haben gute Erfahrungen damit gemacht" etwas - es FUNKTIONIERT NICHT UND NIE gegen einen Großteil der in Frage kommenden Primärerreger (namentlich Mykoplasmen, Chlamydien und Bordetellen), ist insofern bei Unkenntnis hinsichtlich des/der Erregers in solch einem Fall NICHT optimal ausgewählt (oder, direkter formuliert: scheiße). PUNKT.
Doxycyclin wird, genauso wie Azithromycin, immer noch von diversen Verfassern der Standardwerke im VetMed-Bereich als 1., 2. Wahl genannt bei verschiedenen Keimen, siehe unter anderem Hartmann, Horzinek (älter, ok), Kraft.
Dass Antibiotika GENERELL eine, ich möchte es eigentlich nicht so ausdrücken, aber ich finde gerade kein anderes Wort, "Belastung" für den Organismus sind, ist klar. Sie greifen in die Flora ein, verändern diese usw.. Dennoch sind sie eben notwendig und lebensrettend bei diversen Infektionen. Und sollten bestmöglich ausgewählt werden - hieran krankt es leider ganz offensichtlich ständig, sonst würden die ganzen Threads hier nicht existieren.
Für mich ist das Ganze immer wieder ein Anlass zum Haare raufen und generiert Zorn, Wut, Ärger und völliges Unverständnis, dass man sich eben ganz offensichtlich NICHT auf die Kompetenz vieler Tierärzte verlassen kann, weil man sonst verlassen ist.