dradio.de 6.9.2005
Homöopathie-Studie soll Aufschluss über Wirksamkeit bringen
Wirkt sie oder wirkt sie nicht? Darüber streiten Anhänger und Gegner der Homöopathie. Sie kann nicht wirken, sagen die Gegner, da der verwendete Wirkstoff mit naturwissenschaftlichen Methoden nicht mehr nachweisbar ist. Sie wirkt doch, sagen die Befürworter und weisen auf die zahlreichen Berichte von Patienten. Was da wie wirkt wollte auch die Schweizer Bundesregierung wissen und beauftragte eine Analyse der bestehenden Studien.
Dann gebe ich Ihnen jetzt ein Röhrchen mit. Da befinden sich drei Kügelchen drin, drei Globuli dieses Mittels, und ich bitte Sie, davon ein Globuli auf die Zunge zu nehmen und auf der Zunge zergehen zu lassen, und dann erst mal gar nichts weiter zu tun.
In einer Kölner Praxis verabreicht die Homöopathin Daniela Herzog-Koschel ihrer Patientin drei Globuli.
Ich würde Sie bitten, nach einer Woche anzurufen und mir dann mitzuteilen, was sich getan hat bis dahin.
Die Schlafstörungen, wegen der die Patientin die Homöopathin aufgesucht hat, bessern sich merklich. Aber heißt das auch, dass die Homöopathie wirklich wirkt?
Um die Wirksamkeit der Homöopathie nachzuweisen, werden immer wieder Studien durchgeführt. Das Problem: Sie entsprechen häufig nicht wissenschaftlichen Standards. So blieb bislang ihre Aussagekraft umstritten. Ein Schweizer Forscherteam hat jetzt - beauftragt von der Regierung - die relevanten Studien genau unter die Lupe genommen.
Dr. Peter Jüni, klinischer Epidemiologe an der Universität Bern:
Wir haben versucht, sämtliche Placebo-kontrollierten Studien, klinische Studien, die in der Homöopathie durchgeführt wurden, zu identifizieren. Wir fanden insgesamt 110 Studien. Zu diesen Studien haben wir aufgrund der Krankheit, die behandelt wurde,...und aufgrund der Endpunkte, die gemessen wurden, Studien identifiziert aus der konventionellen Medizin. Und für jede Homöopathie-Studie eine Studie aus der konventionellen Medizin gepaart.
Diese Studien mussten die Wirksamkeit einer Methode gegenüber einem Placebo, also Scheinmedikament, nachweisen. Die Epidemiologen analysierten Studien über Infektionen der oberen Luftwege, Heuschnupfen, Asthma, aus Gynäkologie und Geburtshilfe sowie Untersuchungen aus der Chirurgie und Anästhesie.
Große und kleine Studien bezogen die Wissenschaftler ein.
Wir haben in diesen 110 homöopathischen Studien und in den 110 gepaarten konventionellen medizinischen Studien gefunden, dass ...der Effekt klar von der Studiengröße abhängt. Das heißt, kleine Studien zeigen tendenziell große Effekte zugunsten der Homöopathie oder zugunsten der konventionellen Medizin, je nach Stichprobe, und große Studien zeigen tendenziell kleine Effekte. Wir haben auch gefunden, dass die Effektgrößen maßgeblich größer sind, ... in Studien von schlechterer Qualität verglichen mit Studien von besserer Qualität.
Wie lässt sich das erklären? Die Wissenschaftler machten die Beobachtung, dass es bei kleinen Studien leichter ist, unliebsame Ergebnisse verschwinden zu lassen. Handelt es sich um große Studien, die an mehreren Kliniken durchgeführt werden, ist es nicht mehr so leicht möglich, diese zu verstecken. Diese beiden Aspekte, nämlich Studiengröße und Qualität, hatten eine hohe Vorhersagekraft bezüglich des Ergebnisses:
Wenn wir uns auf die Wirkung der Kügelchen, der Globuli beschränken und uns fragen, ob die einen spezifischen Effekt haben, einen Effekt, der über den Effekt eines reinen Placebos, eines reinen Scheinpräparates hinausgeht, ist die Antwort, dass aufgrund unserer Analyse der Effekt der Globuli mit einem reinen Placebo-Effekt kompatibel ist.
Heißt das, dass Homöopathie nicht wirkt?
Doch, meint Privatdozent Dr. Rainer Wolff vom Biozentrum der Universität Würzburg, die Effekte sind ja da:
Wirksam sind sie allein durch die Kraft der Suggestion des Heilers. Dazu muss man sich klarmachen, dass der Homöopath sich vorher viele Stunden mit seinem Patienten unterhält... Und wenn er dann ganz spezifische, hoch potenzierte Globuli aussucht,... dann suggeriert er damit dem Patienten, dass er genau das richtige Gegenmittel gegen seine Krankheit bekommt, obwohl es sich dabei nur um eine Scheinbehandlung handelt.
Die Schweizer Regierung hat schon reagiert: Die Kosten für eine homöopathische Behandlung wurden nun aus der gesetzlichen Grundversicherung gestrichen.