Liebe Katzenfreunde,
gestern habe ich meinen Kater Ötzi im Alter von zehn Monaten kastrieren lassen. Es geht ihm den Umständen entsprechend eher schlecht als recht. Ja, eher schlecht, das muss einfach so gesagt werden, denn er trägt eine Halskrause, mit welcher er unermüdlich kämpft, um sie loszuwerden und die ihn daran hindert durch seine geliebte Katzenklappe zu kommen.
Außerdem war die Fahrt zum Tierarzt für ihn und mich der reinste Horror. Er schrie unaufhörlich. Beim Tierarzt musste ich ihn allein zurücklassen, eigesperrt in seiner engen Transportbox, bis er schließlich eine Stunde später - so der Tierarzt – auf den Operationstisch ‚behandelt‘ werden konnte. Als ich ihn abends abholte, lag er noch ziemlich benommen von der Narkose in seinem Gefängnis. Auf der Heimfahrt machte er keinen Mucks.
„Ach, wie erholsam nach dem Geschrei vom Morgen“, dachte ich im ersten Moment. Dann meldete sich plötzlich wieder diese innere Stimme, die mich bereits bei der Kastration meines ersten Katers vor 12 Jahren mit bohrenden Fragen attackiert hatte: „Was hast du getan?“, fragte sie. „Wer gibt dir eigentlich das Recht, einen derartigen Eingriff in die intimste Privatsphäre deiner Katze vornehmen zu lassen? Wie anmaßend von dir, du Mensch! Warum mutest du deiner Katze diese Verstümmelung zu? Das tust du doch nicht für das Wohlergehen Ötzis, sondern um den Umgang und die Pflege mit ihm in deinem Haushalt problemloser zu gestalten.
Leider komme ich nicht darum herum, mir schäbig vorzukommen. Deshalb lag ich die halbe Nacht lang wach. Als einigermaßen gerechtfertigte Antwort auf all meine Fragen fiel mir nur dieses Argument ein: Mein Kater, der Freigänger soll nicht an der Vermehrung der ohnehin schon enorm freilebenden Anzahl von Katzen teilhaben. Aber steigt nicht die Population der Menschheit ebenso ins Unermessliche? Deswegen lassen wir noch lange nicht unsere Nachkommen kastrieren. Jedoch bei Tieren tun wir es ohne jegliche Skrupel. Sie sind uns wehrlos ausgeliefert. Auf Gedeih und Verderb, gewissermaßen. Sie können nicht sprechen, um ihren Zorn auszudrücken.
Jetzt sind sie sicher schockiert. Tut mir leid! Sie werden sagen: „Das ist doch überhaupt nicht vergleichbar! Was für ein Unsinn…“
Ich habe Ehrfurcht vor jeglichem Leben. Je hilfloser, umso mehr. Nach dem Tod meines ersten Kater wollte ich keine Katze mehr. Die tiefe Trauer um ein geliebtes Tier wollte ich nicht noch einmal durchmachen. Aber dann fand ich dieses Katzenbaby bei einem Spaziergang am Straßenrand außerhalb der Ortschaft. Es lief Gefahr überfahren zu werden. Ich nahm es mit nach Hause. Dem ungepflegten Äußeren nach zu urteilen handelte es sich um ein wildes Kätzchen. Es war etwa zwei Monate alt. Offensichtlich an Freigang gewöhnt seit seiner Geburt, brachte ich es nicht übers Herz, es nur als Stubentiger zu halten. Katzen nur in der Wohnung zu halten, finde ich, ehrlich gesagt, unvorstellbar. Das ist schlicht und einfach nicht artgerecht. Und ein bisschen Freiheit seht einem jeden Lebewesen zu.
Das ist natürlich nur meine bescheidene Meinung. Aber darüber habe ich (nein, nicht ich, sondern mein Kater) bereits ein Buch geschrieben. (Wenn Katzen weinen könnten) Freud und Leid im Umgang mit dem Menschen ist das Thema. Ein nachdenkliches Thema. Schonungslos einerseits, humorvoll anderseits gibt uns der Kater Einblicke in sein Leben mit seinen Menschen. Dieses Buch ist kostenlos als E-Book auf Amazon herunterladbar. Es kann ein Denkanstoß für Katzen- und Tierliebhaber sein, das Leben einer Katze und ‚seiner‘ Menschen mit den Augen einer Katze zu sehen. Allein zu diesem Zweck ist dieses Buch geschrieben worden.
Liebe Grüße
Amandine