Mein erster Versuch das Startgewicht der Kleinen festzustellen endete darin, dass ich maunzend zurechtgewiesen wurde. Minou machte unmissverständlich klar, dass ihre Kleinen ihr allein gehörten und dass sie sie bis aufs Blut verteidigen würde. So entpuppte sich die kleine Minou als Über-Katzenmama, die mit viel Fürsorge und Liebe ihre Kleinen versorgte. Wir schlossen also einen Pakt. Ich durfte die Kleinen wiegen, wenn ich sie nicht aus dem Nest entfernte und stellte jedes Mal die Waage direkt neben ihr auf, nahm mir schnell ein Baby noch bevor sie aufmaunzte und legte es schnell wieder an ihren Bauch. Die Startgewichte liessen viel Zuversicht aufkommen. Das erste Baby, das grösste und dickste von allen, wog am Geburtstag 131g, da kann man wirklich nicht meckern. Später fand ich dann heraus, dass es ein Kater ist. Der kleine, dicke Kater. Baby Nummer zwei und drei hatten 108g und 105g als Startgewicht. Auch das machte mich zufrieden. Baby Nummer vier, das Kleingeratene kam mit 98g auf die Welt. Auch das war nicht besorgniserregend, man müsse es nur im Auge behalten.
Auch noch Tage nach der Geburt wirkte Minou erschöpft aber glücklich und zufrieden. Es war eine Wohltat ihr dabei zu zuschauen wie sie überglücklich in der Wurfbox lag während die vier Kleinen auf ihr herumwuselten. Verirrte sich mal eines zu weit weg, fing es gleich lauthals an zu schreien und Minou antwortete immer dementsprechend. Wir haben es hier also mit einer kleinen Schreihals-Familie zu tun.
Ab nun hiess es Küche-Pflegezimmer-Küche-Pflegezimmer, zwischendurch einen Stopp bei einen Katzen und den beiden Wildlingen (Clever und Smart). Die Anzahl der Katzen in meiner Wohnung war somit wieder im zweistelligen Bereich, einer Zahl, der ich kaum gerechte werden konnte. Aber es ging irgendwie. An manchen Tagen jedoch schlief ich vor Erschöpfung abends im Sitzen ein, Zeit fürs Forenberichten hatte ich selten und beschränkte es daher auf die Glückskatzenfamilie. Spätestens um Mitternacht lag ich immer in der Koje, da am nächsten Tag um 7 Uhr morgens dann wieder der Wecker klingelte. Der Glückskatzenfamilie ging es auch von Tag zu Tag besser (Katzenschnupfen) und sie gewöhnten sich langsam im Pflegezimmer ein. Die Kleinen wuchsen wie Unkraut und Daria, die Mama, sass verstört in der Kratztonne.
An manchen Tagen funktionierte ich nur noch, da hiess es morgens aufstehen, meine Katzen versorgen, dann in die Küche da saubermachen und versorgen, die Kleinen wiegen, Minou betüddeln, dann ins Pflegezimmer sauber machen, Chaos beseitigen, mit den drei Kleinen spielen usw. Abends dann wieder dasselbe Spiel und zwischendurch Termine erledigen, meinen Verpflichtungen nachgehen, putzen, einkaufen und was sonst noch so ansteht. Meine drei Katzen kamen sichtlich zu kurz. Auch Clever und Smart mussten sich ihre Kuschelzeit mittlerweile hart erkämpfen. Wenn ich mal irgendwo zum Sitzen und Liegen kam, hatte ich immer mindestens eine oder mehrere Katzen an mir kleben. So konnte es nicht wirklich weitergehen. Ich selbst fühlte mich nicht mehr richtig wohl und meine Katzen auch nicht. Das war etwas was ich nie wollte, Tierschutz hin oder her, mir war schon immer wichtig, dass es mir und meinen Katzen dabei gut geht. Eigentlich sollten sie von den Pflegis ja nun auch nichts mitbekommen, so dass sie keinen Stress damit bekommen können. Dadurch dass aber Clever und Smart seit letztem Sommer mitliefen und von meinen Dreien praktisch erzogen wurden, war das Versprechen, dass ich mir und meinen Katzen gegeben hatte eigentlich gebrochen. Durch Smart’s schlechte Konstitution und dem chronischen Katzenschnupfen, der zum Glück letztendlich behandelt werden konnte, zog sich die Vermittlung immer wieder hin. Hinzu kam, dass sie immer zutraulicher wurden je länger sie bei uns lebten. Waren sie doch meine ersten Wildlinge, die ich gezähmt hatte, so merkte ich anfangs nicht, wie sehr sie sich schon in mein Herz geschlichen hatten. Nach einigen Monaten war es dann tatsächlich schwer für mich, mich von den Beiden zu trennen. Sie sind einfach so toll, dass ich sie am liebsten behalten hätte. Aber sie brauchen ja Freigang, den kann ich nicht bieten und meine Katzen wollten auch nicht. Also war das Thema schon erledigt. Ich schaltete also wieder neue Vermittlungsanzeigen in der Hoffnung, dass sich bald ein toller Platz für sie findet. Beinahe hätte es auch geklappt, es klang wirklich vielversprechend, aber dann passte es zeitlich von Interessentenseite her nicht. Schade.
Durch die Arbeit mit den zwei Familien (Küche+Pflegezimmer) war ich aber mehr als ausgelastet, eigentlich schon zuviel, ich musste dringend eine Veränderung herbeiführen. Ein lieber Fori, der schon mal zwei Kitten von mir zur Pflege aufgenommen hatte, als es förmlich vor Katzen nur so wimmelte, hatte mir das Angebot gemacht, Clever und Smart aufzunehmen, wohlwissend, dass es sich um zwei Ex-Wildis handelt. Da er aber Erfahrung mit scheuen Katzen hatte, machte ich mir nicht so grosse Sorgen. Ausserdem hat er selber keine Katzen (zumindest nicht in seiner Wohnung), so hätten Clever und Smart eine ganze Wohnung mit eingenetztem Balkon und einen Menschen für sich alleine. Es fühlte sich vom Prinzip her richtig an, auch wenn mir gleichzeitig das Herz brach. Besonders an Smart hatte ich mein Herz verloren, mein kleines Äffchen, ein richtiges Muttersöhnchen eben, das sehr an mir hing und wirklich täglich zweimal Streicheleinheiten brauchte. Ich machte mir Sorgen, dass die Veränderungen für ihn zu drastisch wären, aber es half nichts. Also brachte ich die Beiden zu dem lieben Fori bei dem sie nun immer noch in Pflege sind und bei dem sie versuchen sich einzugewöhnen bis sie ein neues Zuhause finden werden. Meine Katzen tanzten Samba, feierten eine Party, atmeten auf. Die Erleichterung, die ich bei ihnen spürte kam mir vor wie ein dicker fetter Kloss im Hals, der nun weg war. Naja, ich wusste es ja vorher schon, aber das dann nochmal hautnah mit zu erleben, war schon anders. Auch wenn ich Clever und Smart immer noch sehr vermisse und sie am liebsten zurückholen würde, weiss ich dass es die richtige Entscheidung war und hoffe nur, dass sie sich bald entschliessen, den neuen Pflegepapa als Schmusestelle zu akzeptieren. Wildlinge sind da ja doch etwas speziell in der Hinsicht….
...morgen geht's dann weiter....