Ich persönlich finde den Artikel übrigens Grottenschlecht, wundere mich dass so etwas in einer Tierarztzeitschrift erscheint, aber er ist so schön "unverständlich" geschrieben - wahrscheinlich hatte da jemand die Hoffnung, dass da dann niemand versteht und alle gut finden.
Diesen übergenialen Querschluss zwischen der Nahrungsaufnahme von Weidetieren und Katzen (da habe ich mich echt gefragt ob der Autor wohl schon mal ein lebendes Pferd und eine lebende Katzen gesehen hat) den hatte ich schon erwähnt, die Tabelle 1 ist irgendwie sehr peinlich - da fehlt mir doch dringend das "N" wenn Ratten einen Kohlenhydratanteil von "0" besitzen bzw. tut sich da die Frage nach der Methodik auf.
Und später kommen dann so richtig geniale Weisheiten wie:
"Gesamtzucker- und Gesamtstärkegehalt (d. h. alle Mono- und Disaccharide zusammen) sind sowohl in Feuchtfutter als auch in Trockennahrung sehr gering und liegen bei weniger als 1 % im Endprodukt (Tabelle 3)."
Ich dachte doch immer, Stärke wäre ein Polysaccharid - aber das scheint in diesem Artikel nur bedingt so zu sein. OK - ich gebs jetzt zu, das war wahrscheinlich nur ein Verschreiber, aber auch für Zeitschriftenartikel wäre ein wenig Korrekturlesen sicherlich nicht schlecht, oder?
Gut fand ich auch das hier:
"Entgegen der weit verbreiteten Annahme wird während des Herstellungsprozesses von Feucht- und Trockennahrung für Katzen keine Sukrose zugesetzt."
gefolgt von diesem Satz so ungefähr 5 Zeilen oder so später:
"Unter bestimmten Umständen werden jedoch geringe Mengen Zucker oder Stärke zugesetzt. So wird zum Beispiel Karamell in einer Konzentration von bis zu 0,5g/100 g des Endproduktes als Farbstoff zugesetzt (entspricht einer täglichen Gesamtaufnahme von etwa 1,5 g). "
Hää - ich frage mich ob der Autor die geeigneten Leser wirklich für so vergesslich hält?
Interesant finde ich auch diese Aussage des Autors:
"... Während der sichere obere Grenzwert für Stärke in den NRC-Richtlinien 2006 (NRC, 2006) mit 240 g/kg angegeben wird, bestätigen jüngste Studien, dass selbst Futtermittel mit nahezu 400 g Stärke/kg TM bedenkenlos an Katzen verfüttert werden können (de-Oliviera et al., 200. ...."
Falls jemand Interesse hat die Studie des Herrn de Oliviera zu lesen, hier ist sie in epischer Breite vorhanden:
http://jas.fass.org/cgi/content/full/86/9/2237
dort wurden Katzen pro Versuchsperiode nach einer 10 Tage Adaptionszeit über weitere 10(!) Tage mit der so kohlenhydratreichen Kost versorgt. Und daraus kann man das schliessen, dass das bedenkenlos an Katzen verfüttert werden kann? Ich hoffe doch, dass meine Katzen mein Futter mehrere dieser 10 Tage Perioden überleben...
Sehr gut gefallen tut mir übrigens auch dieser Abschnitt:
"...Die Ernährung gesunder Katzen mit kohlenhydratreichen Futtermitteln führt also nicht zu einer Erhöhung des Diabetesrisikos. Dennoch ist es ratsam, bereits an Diabetes mellitus erkrankte Katzen proteinreich und kohlenhydratarm zu füttern, da Futtermittel dieser Zusammensetzung nachweislich zu einer Verbesserung der Blutglukosekontrolle führen, den Insulinbedarf senken und die Remissionsrate verbessern (Frank et al, 2001). ..."
Ich könnte mich jetzt noch ein bischen weiter aufregen. Ehrlich gesagt hab ich vor ein wenig Karamell im Katzenfutter eh keine grosse Angst - aber sehr wohl vor grösseren Mengen ständig aufgenommener pflanzlicher Proteine UND Einfach- Doppelt- und Mehrfachzucker (zumindest den löslichen).
Aber nachdem der Artikel die Leser erst einmal durch die Atemberaubende Erkenntnis am Anfang (ich zitiere hier noch mal den ersten Satz):
".. Katzen haben sich zu strikten Karnivoren entwickelt, angepasst an eine proteinreiche Ernährung auf tierischer Basis mit moderatem Fettgehalt und wenigen oder ganz ohne Kohlenhydrate/n. ..."
in Sicherheit gewogen werden soll (so nach dem Motto: ja, dem TA kannst du vertrauen der hat schon mitbekommen dass Katzen keine Kaninchen sind):
Endet der Artikel dann mit folgendem Fazit:
"...Obwohl sich Katzen zu Karnivoren mit einer ausgeprägten Anpassung an eine Ernährung auf tierischer Basis entwickelt haben, sind sie in der Lage, in kommerziellen Feucht- und Trockennahrungen enthalte Mengen an Zucker und Kohlenhydraten zu verdauen und zu verstoffwechseln. Als strikte Karnivoren sind Katzen jedoch nicht in der Lage, die Geschmacksrichtung „süß“ zu schmecken. Aus diesem Grund spielen Zucker für die Katze keine Rolle bei der Entwicklung von Nahrungspräferenzen oder der Auswahl der Nahrung. Die Akzeptanz (Schmackhaftigkeit) eines Futtermittels für Katzen lässt sich folglich nicht durch den Zusatz von Zucker verbessern. Bedenken, dass zucker- oder kohlenhydratreiche Futtermittel bei der Katze eine Prädisposition für Adipositas oder Diabetes mellitus darstellen, sind unbegründet. Auch die beim Menschen mit dem Verzehr von Zucker in
Zusammenhang gebrachte Zahnkaries tritt bei der Katze nur sehr selten auf und hängt bei dieser weder mit dem Nahrungstyp noch mit der Zusammensetzung der Nahrung zusammen. ..."
Wir sehen - das Karnivorendasein von Katzen ist auch sehr nützlich, was das Verfüttern von Fertignahrung angeht. Katzen würden sich NIEMALS durch Zucker verleiten lassen einem kohlenhydrathaltigen Futter vor dem anderen kohlenhydrathaltigen Futter Vorrang zu geben.
Das das Karamell eh eher für das Besitzerauge eingemischt wird ist hier nicht von Belang...
Und Besitzer UND Tierarzt sind nun wieder ganz sicher, dass das gute Waltham oder RC oder wie sie alle heissen Futter aus dem Spezialschrank doch ganz toll ist.