Vielleicht sollte man die Schutzverträge und die Eigentumsklausel auf zwei Arten sehen:
Einmal mit dem gesunden Menschenverstand: Wer wird allen Ernstes seine Unterschrift unter einen solchen Vertrag setzen, wenn die abgebende Orga eine mangelhafte oder fehlende Reputation hat? Über die modernen Informationswege sollte sich wohl jeder Interessent ein Urteil erlauben können, ob die abgebende Orga seriös arbeitet und die Besitzklausel in tierischem Interesse liegt, oder man Gefahr läuft, über einen "Nasenfaktor" bewertet zu werden. Dies könnte eine willkürliche Rückführung des Tieres erlauben, die zwar sachlich unrichtig ist, sich aber nur auf dem Klageweg rückgängig machen lässt.
Ich persönlich würde bei einer "Feld- Wald- und Wiesenorga", die ich nicht kenne und über die ich nichts herausbekomme, niemals eine solche "Besitzklausel" anerkennen und unterschreiben. Nicht in meinem Interesse, sondern dem des Tieres. Zwar mag die "Besitzklausel" richtig und notwendig sein- aber ohne ein Vereinsbild, transparente Handlungsstrukturen und einen guten Ruf wird die Klausel eher kontraproduktiv sein, denke ich. Wer würde sich freiwillig einer solchen potentiellen Willkür aussetzen? "Trau,schau wem", sagt der Volksmund, das gilt wohl für beide Seiten.
Klar, es gibt Fälle, da muss man schlicht auch nach Jahren ein Tier irgendwo herausholen. Sei es, dass der Halter sich zum Tiermessi entwickelt. Oder er gerät, durchaus unverschuldet (man ist schneller Hartz IV, als man "Kündigungsschutz" aussprechen kann) in Not und kann seinen Halterpflichten nicht mehr genügen.
Und damit zum rechtlichen Aspekt: Situationen, die eine Orga zur Rückholung eines Tieres veranlassen, dürften streng genommen auch Indikationen sein, in denen das TSG greift. Die Besitzklausel verkürzt in diesem Fall lediglich den Zugriffsweg auf das Tier. Es ist kein AmtsVet. einzuschalten, der Grad und Schwere des Verstoß gegen das TsG prüfen muss, der Zugriff ist unmittelbar. Eilantrag beim Amtsgericht würde reichen, schon könnte man mittels Gerichtsvollzieher das Tier "einziehen". In den meisten Fällen greift §229 BGB (Selbsthilfe), die aber ein Richter am Amtsgericht nachträglich entscheiden muss, sobald der Halter der Wegnahme widerspricht.
Jetzt wird es spannend: Ist die Besitzklausel denn rechtens? Ja, ist sie. §90a bestimmt zwar Tiere zu Ausnahmen von Rechten des Vertragswesens nach BGB, soweit besondere Vorschriften wie etwa das TsG anzuwenden sind, im Übrigen aber das BGB hinsichtlich seiner Bestimmungen über das Vertragswesen natürlicher Personen anzuwenden ist.
Halter und Orga tätigen also ein Rechtsgeschäft nach Abschnitt 3 BGB. Der Schutzvertrag ist eine Vereinbarung darüber, dass die Orga dem Halter das Tier zum Nießbrauch, welcher einzelvertraglich geregelt sein sollte (Zucht, Freigang, Kastra, etc.) auf unbestimte Zeit zur Verfügung stellt. Nießbrauch bedeutet, dass sich der Halter an der Anwesenheit des Tieres erfreuen darf. Er schuldet der Orga eine tiergerechte Haltung, ggfs. nach Auflagen.
§157 BGB (Auslegung von Verträgen), sowie §241-292 BGB finden natürlich Anwendung
hach, BGB mit ist was Feines- abstrakt bis zum Geht-nicht-mehr, da pandektisch konzipert.
Zu Deutsch: §311 BGB regelt das Vertragsverhältnis. §312- 326 ergänzend. Titel 4, §336-345 "klärt" die Vertragsstrafe.
Alles klar? Der an sich simple Schutzvertrag berührt also mindestens drei Teile des BGB, verweist auf das TsG und StGB (§90a BGB) und dürfte wohl jeden Nichtjuristen um den Verstand bringen. Die salvatorische Klausel lassen wir mal bei Salvatore, der soll mal schnell Pizza bringen. Eine einseitige Benachteiligung ist auch nicht festzustellen, schließlich darf sich der Halter durch Erfüllung seiner Vertragsschuld am Tier erfreuen. Aber bitte nicht sodomistisch, das wäre ein Straftatbestand nach StGB (nicht nach TsG oder nur nach dessen Vergewaltigung).
Raucht es? Es kommt noch besser.
Abgebende Orga muss nach vermeintlichem Verstoß gegen den Schutzvertrag erst einmal prüfen, welches Recht berührt ist. Ist es ein Verstoß gegen die Vertragsbedingungen? Also Antrag ans Amtsgericht. Ist es ein OWi- oder Straftatbestand nach TsG oder StGB? Anzeige beim Staatsanwalt (Polizei als Erfüllungsgehilfe). Notfalls Selbsthilfe oder Einsatz der Polizei.
Bis aus "Recht haben" "Recht bekommen" geworden ist, ist das Tier, um das es geht, meist schon tot.
Ein freundliches: "Man sieht sich immer zwei Mal" mit festem Blick von Aug zu Aug wirkt manchmal besser als jeder Vertrag.
gruß
muh