Es wurde schon alles gesagt aber nicht von jedem 😉 also hier meine 5 cent:
Ich finde ein Plädoyer für Freigang oder Wohnungshaltung zeugt davon, dass man wenig von Katzen und deren Verhalten versteht (was aber keine Schande ist, ich denke das geht vielen Tierhaltern am Anfang so und man vertraut dann eben auf das was ein TA sagt), denn beide Haltungsformen können völlig ok sein, man muss die Bedürfnisse der jeweiligen Katze erkennen und dann die Gegebenheiten und Wohnsituation die man hat abwägen. Beides ist ja sehr individuell und nur weil bei "meiner Katze" etwas super funktioniert, heißt das noch lange nicht, dass das für "deine Katze" auch gilt.
Ich wünsche "meinen" Katzen gesicherten Freigang, die Vorteile liegen auf der Hand, ist hier aber leider nicht umsetzbar (OG in Mehrparteien-Miethaus in Wohngegend). Ungesicherter Freigang in nicht-freigängertauglicher Ungebung wäre für mich undenkbar, weil ich dann täglich das Gefühl hätte, meine Katzen bewusst Gefahren auszusetzen und es in Kauf zu nehmen, dass sie als Preis für ihre Freiheit öfter verletzt oder womöglich zu Tode kommen, damit käme ich nicht klar. Auch weil ich finde, man trägt auch Verantwortung für den Schutz seines Tieres und wenn man den nicht gewährleisten kann, sollte man es lassen und nicht bewusst Verletzungen oder gar Tod in Kauf nehmen. Meine Einstellung dazu ist also eindeutig - aber die Umgebung hier nicht... Sie ist für meine Begriffe eigentlich so semifreigängertauglich. Die Wohngegend ist relativ ruhig, es gibt einige Vorgärten, und hier laufen so einige Freigänger herum - insofern habe ich vor der Anschaffung der Katzen vor ü 24 Jahren, lange damit gerungen, ob ich ihnen Freigang gewähren soll... Gut, meine Überlegungen konnte ich dann abkürzen, weil ich erfuhr, dass mein Vermieter keine Katzenleiter erlaubt und es somit gar nicht möglich gewesen wäre sie hier rein und raus zu lassen.
Also blieb für mich die Frage, ob ich mir überhaupt Katzen anschaffen sollte, da ich ja eigentlich gegen reine Wohnungshaltung war. Damals war ich noch nicht so internet-affin und wälzte Katzenratgeber ala "glückliche Wohnungskatzen" "artgerechte Wohnungshaltung" etc und kam zu der Überzeugung, dass ich reine Wohnungshaltung doch ok finde, wenn man die Wohnung entsprechend gestaltet und die Katze genügend auslastet. Also ich wusste im Vorfeld, dass das gut möglich ist, mir aber als Dosi einiges abverlangt.
So zogen zwei Kitten hier in reiner Wohnungshaltung (incl Balkon) ein und erst mit der Zeit wurde mir klar, dass ich bei all meinen Überlegungen einen wichtigen Faktor vergesen hatte, nämlich das individuelle Bedürfnis der jeweiligen Katze.
Ich wünsche immer noch jeder Katze Freigang (gesichert oder in für meine Begriffe freigängertaugliche Umgebung) aber nicht jede braucht diesen.
Mit meinem ersten Kittenpaar hatte ich Glück, beide waren als Kitten schon recht ruhig und gemäsigt unterwegs. Also eigentlich untypisch Kitten.
Dann starb einer der beiden und Kater Leo zog ein, ein "typischer" Jungkater, supersozial so dass sich die beiden von Anfang an trotz etwas unterschiedlichen Temperaments gut verstanden. Leo war nun nie *übermäßig lebhaft, aber eben typisch Jungkater aufgeweckt, flitzefreudig, spielebegeistert und ich hatte trotz div Umbauten in der Wohnung immer mal wieder das Gefühl, er wäre mit Freigang glücklicher.
Auch später hatte ich mal eine Katerkonsellation (zwei Kater aus schlechter Haltung aufgenommen), da war Chico auch eher ein "Freigängerkater" und es tat mir leid, ihm keinen Freigang bieten zu können. Gut er drängte nie nach draußen, und war nie derart lebhaft, dass ich ihn nicht ausgelastet bekommen hätte, ich denke reine Wohnungshaltung war für ihn ebenso wie für Leo ok - was ich damit sagen möchte, ich meine schon, dass, auch wenn ich mir im Grunde für jede Katze Freigang wünsche, es Katzen gibt, die mehr oder weniger Freigang *bräuchten* und man das berücksichtigen sollte.
"Heute" wähle ich bewusst Katzen aus, gar nicht nach der Frage "wäre Wohnungshaltung auch ok?" Denn für meine Begriffe gibt es kein pro und contra, man muss schauen, was man Katzen bieten kann und dann Katzen einziehen lassen, die damit wirklich gut klarkommen.
Leo und Chico kamen gut damit klar aber ich denke, das war Glück und auch dem geschuldet, dass ich viel Zeit für Spielstunden habe und das selbst auch gern mag. Man muss als Wohnungskatzenhalter selbst Spaß daran haben, regelmäßige Spielstunden und andere Anreize zu schaffen, sonst wird es anstrengend für Mensch und Katzen. Aber ich würde nur noch Katzen einziehen lassen, bei denen ich von vornherein sicher weiß, dass sie mit reiner Wohnungshaltung gut klarkommen.
So, das war nun mein Plädoyer für individuelle Katzenauswahl 😁