Nur eines stößt mir hierbei etwas auf.
Das Wörtchen "seriös" im oberen Zitat. Was ist denn seriös daran, wenn man der einzige Grund dafür ist, dass all die unseriösen das dicke Geschäft mit armen Tierwesen betreiben können?
Denn gäbe es keine "seriösen" Zuchtvereine mehr, dann wüßten wir das doch alle ziemlich schnell und wüßten somit auch, dass alle Züchter und/oder Hobbyzüchter auf die man treffen kann, eben zumindest keinen seriösen background (mehr) haben (können).
Geh bitte mal auf die Metaebene, wenn du in Bezug auf das Verhältnis seriöser Züchter (und Zuchtvereine) und Vermehrer logisch denken willst, Mika.
Ohne seriöse Katzenzuchtvereine gibt es keine Rassekatzen.
Vermehrertiere sind - da sie ihre Abstammung nicht belegen können (mangels Verein, der die Zuchtbücher führt und damit offiziell registriert, welche Katze wann welchen Nachwuchs gehabt hat und von welchen reinrassigen Vorfahren sie selbst abstammt) - reine Lookalikes, also Katzen, die im günstigsten Fall so aussehen wie eine Rassekatze.
Leider aber sind sie in vielen Fällen reine Mixturen von angeblicher Rasse 1 mit angeblicher Rasse 2, gern noch dazu Rasse 3 und Rasse 4, nach dem Motto "viel hilft viel".
🙄
Und wenn ein Lastramikitten hübsche Punkte im Tigerfell hat (offiziell: spots bzw. Tupfen), wird es gern mal als Bengal-Mix angeboten, obwohl da nie eine Bengalkatze mitgemischt hat.
Nun ist es korrekt:
Man muss keine Rassekatzen haben!
Die Rassekatze hat - anders als der Rassehund! - keine nützliche Funktion. Der Rassehund hat - je nach Rasse, und Hunderassen werden seit Jahrhunderten auf Funktion gezüchtet - die Funktion als Jagdhund für die verschiedenen Varianten der Jagd (Vorstehhund, Schweißhund, Stöberhund, Dachshund usw.). Oder des Hütens (Collie, Deutscher Schäfer, Elsässer Schäfer usw.). Oder des Schutzes (Doggen in allen Variationen). Oder des Rennens (Windhunde jeder Art).
Dagegen haben die Siamkatze, die Maine Coon, die Perserkatze, die Bengalkatze, die Ragdoll, die Birmakatze und all die anderen ausschließlich eine Funktion: schön auszusehen.
Die Cat Fancy, also die geplante Rassekatzenzucht, hat sich erst im 19. Jahrhundert entwickelt und hatte und hat die alleinige Funktion, die damals bereits vorhandenen unterschiedlichen Optiken der Hauskatze, die man schön fand, zu erhalten und zu verbessern. Die wenigsten Katzenrassen sind Naturrassen (wie etwa die Maine Coon oder die Waldkatzenrassen; aber auch die Perser und die Siamkatze alten Stils); im Lauf der Zeit wurden immer mehr unterschiedliche Rassen auf Optik gezüchtet. Leider mit immer absurderen Ergebnissen (Foldkatzen usw.), die mit gesundheitlichen Risiken aufgrund der genetischen Defekte, mit denen gezüchtet werden muss, einher gehen.
Natürlich ist das Vermehrertum die direkte Folge der Rassekatzenzucht, genauso, wie es bei der Rassehundezucht der Fall ist.
Vermehrer hat es auch früher schon gegeben, aber seit sich die Käufermentalität dahin verändert hat, dass man alles möglichst billig haben will und dafür auch gerne ein Fake in Kauf nimmt, nimmt das Vermehrertum überhand und bedroht auch die Fortexistenz der Katzenrassen, weil immer mehr Vereinszüchter das Handtuch werfen und ihre Zucht aufgeben.
Die verantwortungsvolle Rassekatzenzucht, die auf Erhalt und Verbesserung der Rasse gerichtet ist, besteht darin, auf ein konkretes Zuchtziel hin (Beispiel: das Turner-Blau der Augen bei der Siamkatze) zu züchten und dadurch eine selektive Auswahl der betreffenden Zuchttiere und ihrer Verpaarungen zu treffen. Daraus entwickelt sich ein nicht unerheblicher "Überschuss" an Katzen (aus den einzelnen Verpaarungen; die Kitten, die nicht dem Zuchtziel entsprechen und daher für die Zucht nicht geeignet sind), die nicht gebraucht werden und daher an Liebhaber verkauft werden können.
Der Vermehrer dagegen wiederholt immer wieder dieselben Verpaarungen, wenn er seine Katzen werfen lässt, und produziert Katzen allein um des Verkaufs an interessierte Kunden willen. Er hat kein Zuchtziel, und der Erhalt oder die Verbesserung der Rasse ist ihm schnurzegal.
In einer Zeit, in der Katzen fast zu "Ungeziefer" werden, weil es viel zu viele freilebende Streunerkatzen gibt, die Jahr um Jahr eine Unzahl von unnötigen Jungtieren produzieren, stellt sich auch die ethische Frage, ob weitere Katzen in Menschenhand vorsätzlich produziert werden müssen.
Und die einzige Rechtfertigung dafür, dass in Menschenhand das Katzenelend noch fortgesetzt wird, ist aus meiner persönlichen Sicht der Umstand, dass unter bestimmten Voraussetzungen - Vereinszucht! - Katzenrassen erhalten und verbessert werden.
Für die Cat Fancy: ja. Also rein aus optischen Gründen. Aber würden die Katzenrassen fortfallen und auch diese sich unselektiert verpaaren mit anderen Rassen/Optiken, würde es irgendwann dazu führen, dass die jeweils zuvor selektierten Rassemerkmale (beispielsweise die Maske der Siamkatze) untergehen würden, da sie nicht dominant vererbt werden. Oder die Langhaarigkeit.
Übrigbleiben würden immer mehr Katzen im Einheitslook: kurzhaarig und schwarz getigert. Ich glaube, das fände nicht nur ich ausgesprochen schade.
🙂
Meine Wortwahl "seriös", die du angreifst, bezieht sich insofern auf die geplante Rassekatzenzucht, wie sie nach internationalen Standards festgelegt und durchgeführt wird. Also mit offiziellen Zuchtbüchern, mit einheitlicher Festlegung der Rassemerkmale und internationaler Anerkennung der betreffenden Stammbäume. "Zucht" in dieser Weise wird ja nicht allein für Katzen durchgeführt auf der internationalen Ebene, sondern beispielsweise auch für Hunde und für Pferde (z. B. Rennpferde). Dasselbe gilt für Nutzvieh (z. B. Rinder) und folgt insofern denselben Regeln wie die Rassekatzenzucht.
Zucht steht oftmals sogar unter Schutz (denk mal an die gefährdeten alten Haustierrassen); deswegen denke ich nicht, dass man die internationalen Kriterien für eine Tierzucht hier noch diskutieren muss.
Wenn sich die internationalen Gremien seit Jahrhunderten einig sind, dass Tierzucht u. a. beinhaltet, dass Zuchtbücher geführt werden und Tiere nur dann reinrassig sind, wenn sie Ahnentafeln/Stammbäume haben, sehe ich hier keinen Anlass, diese Mindestanforderungen in Frage zu stellen.
😉
Aus diesem Grund sind Zuchtvereine, die sich an die betreffenden Regeln halten und Zuchtbücher führen und Ahnentafeln ausstellen, "seriös", und Vermehrer, die angebliche Rassetiere außerhalb von Vereinen und ohne Stammbäume produzieren, eben "Vermehrer" und "unseriös".
Dazu kommt, und das ist für mich ein ebenso starkes Argument, dass die Zuchtvereine ihre Mitglieder zu bestimmten Mindeststandards bei der Tierhaltung verpflichten, denen der Vermehrer eben genau nicht unterliegt, wie mein Beispiel mit den Wurfdaten der drei Mütterchen zeigt.
Wer solche Standards nicht einhalten muss, wird es - gerade dann, wenn die Tiere rein für den Verkauf produziert werden! - nur selten tun. Insbesondere dann, wenn auch nicht auf die Rassegesundheit geachtet wird und auch erbkranke Tiere für die Welpenproduktion verwendet werden.
Die Vermehrerei im Inland ist leider häufig kaum besser als die Produktion der sog. Wühltischwelpen in Osteuropa. Nur der Transport fällt weg.
Und noch zu deinem Argument, dass die seriöse Vereinszucht kausal dafür wäre, dass es Vermehrerei gibt:
Genauso könntest du argumentieren, dass der Umstand, eine Frau oder ein Mädchen zu sein, der Grund dafür ist, dass es Vergewaltigungen gibt.
😉