Fegen, Tür zu und tschüs: Die meisten Mieter können sich Schönheitsreparaturen komplett schenken. Auch wenn der Mietvertrag sie eigentlich schwarz auf weiß zur Renovierung verdonnert, müssen sie beim Auszug in der Regel nur ihre Einbauten entfernen und noch einmal mit dem Besen durchgehen. Fertig. Mieter dürfen sogar von ihrem Vermieter Geld zurückfordern, wenn sie erst nach dem Umzug mitbekommen, dass sie unnötigerweise renoviert haben. Alles möglich, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in den vergangenen Jahren mehrfach urteilte und damit Hunderte Klauseln zu Schönheitsreparaturen davonfegte. Selbst anteilige Renovierungskosten müssen Mieter nicht mehr zahlen, wenn allein der Vermieter die Malerfirma bestimmen darf.
Aber nur die wenigsten Mieter wissen von ihrem Glück, eine so vorteilhafte Rechtsprechung im Rücken zu haben, sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund in Berlin. Der Fachmann schätzt, dass mindestens jeder zweite Mietvertrag mit unwirksamen Forderungen zum Renovieren gespickt ist, Altverträge von vor 2002 sogar zu 75 Prozent. Die Zeche müssten die Vermieter zahlen, heißt es beim Eigentümerverband Haus und Grund.
Nach wie vor seien Millionen Mieter im Irrglauben, ihre Vermieter seien fürs Tapezieren, Streichen und Parkettabschleifen von Haus aus nicht zuständig, gibt Ropertz zu bedenken.
Dabei gilt laut Bürgerlichem Gesetzbuch, Paragraf 535, grundsätzlich das Gegenteil. In den vergangenen Jahrzehnten war es nur üblich, Renovierungsarbeiten auf die Bewohner abzuwälzen.
Aber was darf der Vermieter tatsächlich verlangen und was nicht? Das hängt immer vom Wortlaut im Mietvertrag ab. Wer umzieht, sollte ihn vorher unbedingt genau lesen. Je älter der Vertrag, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Bewohner das Renovieren sparen können. Ist nur eine einzige Klausel nach den Vorgaben des Bundesgerichtshof unfair formuliert, müssen sie keinen Handschlag mehr tun. Für diese Mieter geht es beim Renovieren immer um die Alternativen ganz oder gar nicht.
Garantiert gar nichts tun muss, wer in seinem Vertrag eine starre Fristenregel findet. Ein strenges Zeitkorsett, wonach etwa bestimmte Räume zwangsweise alle zwei, drei oder fünf Jahre renoviert werden müssen, erklärte der Bundesgerichtshof für unwirksam (VIII ZR 360/03). Soll "mindestens" oder "spätestens" nach einer bestimmten Zeitspanne renoviert werden, muss der Bewohner auch nicht ran.
Ebensowenig bei Klauseln, wonach die Bleibe "wie überlassen" oder "in vertragsgemäßem Zustand" zurückzugeben ist (VIII ZR 339/03). Solche Formulierungen finden sich vor allem noch in älteren Verträgen.
Fein raus sind Mieter auch, wenn die Wohnung bei Auszug ein Schönheits-Lifting bekommen muss, ohne dass die Renovierung während der Mietzeit berücksichtigt wird (VIII ZR 166/08).
Sie müssen auch nicht die Türen und Fenster von außen streichen (VIII ZR 210/08). Oder die Tapeten beim Auszug entfernen (VIII ZR 152/05). Gehen Detailforderungen zu weit, ist der Mieter aus dem Schneider, der Vermieter dagegen in der Pflicht – egal, wie lang das Mietverhältnis dauerte.
Das gilt auch für alle, die vorzeitig ausziehen und vertraglich zu einen prozentualen Anteil an den Renovierungskosten nach starren Quoten verdonnert werden: Nach zwölf Monaten …20 Prozent, nach 24 Monaten …40 Prozent usw. (VIII ZR 52/06). Ist eine Quotenregel an den "Kostenvoranschlag eines vom Vermieter auszuwählenden Malerfachgeschäfts" geknüpft, braucht der Mieter ebenfalls keinen Cent zu zahlen, wie der Bundesgerichtshof jetzt neu entschied.
Besonders wichtig: Ist eine Renovierungsklausel ungültig, können Mieter noch während der Mietzeit verlangen, dass der Eigentümer eine abgenutzte Wohnung auf seine Kosten in Schuss bringt – und nicht erst zum Auszug. Aber Vorsicht: Renoviert der Besitzer, haben Mieter kaum Mitspracherecht bei der Farbgestaltung. Zudem ist danach eine Mieterhöhung wahrscheinlich.
Mieter sollten aber jederzeit auf der Hut sein: Schönheitsreparaturen können nachträglich individuell vereinbart werden, quasi durch die Hintertür. Etwa in einem Übergabeprotokoll zum Auszug, so der Bundesgerichtshof (VIII ZR 71/08). Lässt sich ein Mieter darauf ein, muss er letztlich doch renovieren – obwohl die ursprüngliche Renovierungsklausel im Vertrag ungültig war.
Wer erst im Nachhinein merkt, dass er wegen fehlerhafter Klauseln umsonst renoviert hat, kann sich Geld zurückholen (VIII ZR 302/07): Die Rechnung einer Fachfirma darf an den Vermieter weitergereicht werden. Beim Malern in Eigeninitiative oder gemeinsam mit Freunden darf neben den Materialkosten noch Geld für die Hilfskräfte verlangt werden.
Dafür ist dann aber auch Eile angesagt. Immer mehr Gerichte sind nämlich der Auffassung, dass Ansprüche auf einen Ersatz sechs Monate nach dem Ende des Mietverhältnisses verjähren. Zu dieser Einstellung tendiert beispielsweise das Landgericht Kassel (1 S 67/10).