Für mich hört sich das in erster Linie nach Freigängern an, die sich ihres Reviers und ihrer Nahrungsquellen sehr sicher sind.
Schau dir Wildkatzen oder Großkatzen an: Die verbringen ihren Tag auch zum großen Teil mit Schlafen oder Dösen, zum kleinen Teil mit der Nahrungssuche. Groß "Abwechslung" und "Aufregung", wie wir es in unseren menschlichen Kategorien begreifen, ist da nicht - höchstens, wenn mal jemand Fremdes in das Revier eindringt, allerdings ist diese Art der Abwechslung deutlich negativ.
Katzen sind in der Regel Tiere, die Routine und bekannte Abläufe sehr schätzen.
So wie ich das sehe, Juniper, gehören sämtliche Freigänger der hier versammelten Gläubigen in genau diese Kategorie. Jede einzelne bekommt ihr Futter daheim, ja es wird keine Mühe gescheut, auch im fernen Norwegen an das gesündeste Katzenfutter zu kommen. Mit anderen Worten: es handelt sich um kleine Wohlstandshauskatzen, die sich draußen bespassen dürfen wie sie gerade lustig sind, ähnlich wie ein Kind, das Libellen die Flügel ausrupft um sich zu amüsieren; sie brauchen die Nahrung, die sie jagen keineswegs und fressen sie oft nicht mal.
Ist es draussen angenehm, so verrichtet man die Notdurft dort; ist es kalt oder regnet es in Strömen zieht man gern das heimische Katzenklo vor.
Weiter entfernt von dem Leben ihrer wilden Vorfahren kann eine Hauskatze nicht sein; für eine Wildkatze stellt eine Jagd Gefahr da und niemals wird sie sich dieser ohne Not aussetzen - Freigänger tun dies ständig.
Während ihr Leben wie das der anderen Wildtiere nicht von Begriffen wie Spaß, Glück oder Musse geprägt ist, sondern schlicht das Notwendige getan wird, um sich am Leben zu erhalten und sich fortzupflanzen, sind unser aller Katzen ganz einfach Haustiere, domestiziert seit 8500 Jahren, die sich uns gerne angeschlossen haben, da wir ihnen die Möglichkeit zu einer einzigartigen symbiotischen Beziehung eröffnet haben, die sie von den Unbilden des Lebens weitestgehend befreit hat.
Mittlerweile geht dies soweit, dass der eigentliche Sinn des Lebens, nämlich sich und die Art fortzupflanzen, bei unseren Hausgenossen völlig aussen vor ist, sind sie doch allesamt Kastraten.
Das Leben, das unsere Hauskatzen führen, hat mit dem Leben, das ihre wilden Artgenossen und Vorfahren führen nicht mehr das Geringste zu tun.
Ich lese hier so viele nette Posts von wegen: 'Meine Katze kann tun und lassen, was sie will', glaubt wirklich irgendwer hier, ein Wildtier sei frei in seinen Entscheidungen und könne sein Leben nach eigenem Gutdünken leben?
Mir scheint, das was hier immer als Ideal der Katzenhaltung angepriesen wird ist nur einem geschuldet: der eigenen romantisierenden Retrospektive auf die eigene Kindheit in der ja noch alles so schön war und man selbst frei von Zwängen und Verantwortung; und wenn wir selbst schon nicht so leben können, dann doch wenigstens unsere Katze... und wenn sie dann in jungen Jahren stirbt, dann hat sie halt ein perfektes kurzes Leben gehabt...
Das Schlimme ist: eine grössere Pervertierung der Natur ist schlicht nicht möglich - und das alles findet unter dem Deckmäntelchen, den Katzen ein möglichst natürliches Leben zu ermöglichen statt...
Und nichts geschieht hier uneigennützig; so wie wie viele Menschen ihre Wünsche und Pläne auf ihre Kinder projizieren, die das Leben führen sollen, dass ihren Eltern verwehrt blieb, völlig ungeachtet dessen, was das Kind selbst möchte, so wird die Katze zu Projektionsfläche ihres Halters...
Den meisten Wohnungskatzenhaltern ist übrigens absolut bewusst ist, dass ihre Katzen Einschränkungen erfahren, sie halten dies aber für normal, weil einfach jede Lebensform solchen Einschränkungen unterworfen ist - eine äußerst realitätsnahe Lebenseinstellung.
Die meisten Freigängerhalter spielen mit dem Leben ihrer Katzen - man sollte nicht vergessen, dass der Lebenserhaltungstrieb bei allen Lebewesen ausser den Menschen an zweiter Stelle steht nach dem Fortpflanzungstrieb (bei unserer Spezies ist die umgekehrt). Und da wir unseren Katzen den Fortpflanzungstrieb nehmen, bleibt der Lebenserhaltungstrieb als nunmehr primär stehen (sie werden uns in der Tat immer ähnlicher).
Ich mag durchaus glauben, dass Katzen sich an Autos an sich gewöhnen können, aber niemand kann mir weismachen, dass Katzen verstehen, dass Menschen langsam fahren, wenn sie nach Hinweisschildern suchen und auf's Gas latschen, sobald sie sie entdeckt haben; dass und wo Menschen aus Kurven heraus beschleunigen; dass Schlaglöcher und die Veränderung von Fahrbahnbelägen zur plötzlichen Veränderung der Fahrweise des Autofahrers führt und noch Dutzende weitere Infos, die wir automatisch erkennen und die uns einigermassen sich durch das tägliche Verkehrsdickicht navigieren lassen...