Guten Morgen,
ich brauche mal Euren Rat. Wir wohnen in einer Altbauwohnung mit Dielenböden
Ist das Altbau-Altbau (= Etage) oder ausgebautes Dachgeschoss nach 1990? Bzw. ist es ein Altneubau (= Altbau, also vor 1945 erbaut, aber dann im Krieg zerstört und nach dem Krieg wieder aufgebaut)?
Gehört deiner Schwester und ihrem Ex das gesamte Haus, oder sind das Eigentumswohnungen? In letzterem Falle: gehört auch die Wohnung des Nachbarn, der sich beschwert, deiner Schwester oder einem anderen Miteigentümer?
In erster Linie solltest du, wie auch meine Vorredner schreiben, das Gespräch mit dem Nachbarn suchen und gucken, ob ihr gemeinsam eine tragbare Lösung findet.
Aber zum rechtlichen Rahmen möchte ich auch etwas bemerken, denn es ist gut, wenn man weiß, in welchem Rahmen sich die Möglichkeiten bewegen. Dazu meine o. g. Fragen.
1) Ein Mieter kann bei Lärm, der dem üblichen Mietgebrauch (und das schließt auch Tierhaltung ein) entspricht und in seine Wohnung dringt (= z. B. Laufgeräusche aus der Wohnung obendrüber oder untendrunter), nur erfolgreich die Miete mindern, wenn der Lärm aufgrund der Bausubstanz unzumutbar hoch ist. D. h., solange die Bausubstanz lärmschutztechnisch dem Stand der Technik im Zeitpunkt der Errichtung der Wohnung entspricht, geht der Mieter leer aus. Daher meine Frage nach der Baualtersklasse (Je älter, desto günstiger für den Vermieter - aber auch für den lärmverursachenden Mitmieter.)
Bei einem Mietshaus ist die Rechtslage für beide Mietparteien einfacher als bei einer Eigentumswohnungsanlage. Bei letzterer muss der Vermieter einer ETW auch die Sachlage in der Eigentümergemeinschaft beachten. Wenn z. B. die Gemeinschaft beschließt, dass Tierhaltung generell der Zustimmung des Wohnungsverwalters (= Vertreter der Eigentümergemeinschaft in diesen Dingen) bedarf, muss der Vermieter als Miteigentümer diese Genehmigung nicht allein für seine selbstbewohnte ETW einholen, sondern auch für die zu vermietende ETW, bevor er seinem Mieter die Tierhaltung gestattet. Anderenfalls können die Miteigentümer (unabhängig, ob der Eigentümer selbst oder der Mieter in der ETW die Tiere unerlaubt hält) gegen den Vermieter-Miteigentümer rechtlich vorgehen.
Informationen dieser Art ergeben sich, sofern sie nicht bereits in der Teilungserklärung geregelt sind, häufig aus der Beschlusssammlung, die beim Wohnungsverwalter eingesehen werden kann.
Rechtlich könnten also zwei Hindernisse auf euch zukommen:
1) Katzengalopp um Mitternacht ist kein angemessener Mietgebrauch mehr (unabhängig von der Frage der Hellhörigkeit der Wohnungen)? ---- Dann müsste der Lärm wirklich sehr hoch sein; es könnte dann ähnlich geurteilt werden wie bei übermäßigem Hundegebell in der Wohnung.
Vorher müsste der Nachbar allerdings mehrere Hürden überwinden:
a) ein hinreichendes Lärmprotokoll führen
b) nachweisen, dass der Galopp wirklich deutlich über die für Nachtruhe angemessene db-Zahl hinaus geht und dass dies nicht an der im Altbau üblichen Hellhörigkeit von Trittschall liegt bzw. verstärkt wird (Stand der Technik!). Anderenfalls hat der Nachbar mit der Mietminderung beim Vermieter (die diesen wiederum in Trab setzen würde euch gegenüber mit einem Verbot der Katzenhaltung o. ä.) keine guten Karten.
2) Im Wohnungseigentum gibt es solche Beschränkungen der Tierhaltung, die deine Schwester beim Mietvertrag mit euch nicht beachtet hat? ------- Dann spielt Lärm usw. erstmal keine Rolle, da dann die Miteigentümer (egal ob der Nachbar ebenfalls Mieter ist oder aber seine eigene ETW bewohnt) die Beseitigung der Katzenhaltung verlangen können.
Bei ordnungsgemäß zulässiger Tierhaltung kommt dann wieder die Lärmfrage ins Spiel, wo dann - anders als im Mietvertragsrecht - stärker auf das Sachenrecht, in diesem Fall das sog. Nachbarrecht (§ 906 BGB: Immissionssschutz, Beeinträchtigung des Eigentums durch unwägbare Stoffe, sog. Imponderabilien wie z. B. Staub, Schmutz oder Lärm) eine Rolle spielt. Das wäre dann die Lärmschutzverordnung, an der die Immission (Galopp, Lärm) gemessen wird. auch hier ist dann der Anspruchsteller (Eigentümer der beeinträchtigten Nachbarwohnung) in der Pflicht.
Natürlich wird es nicht von heute auf morgen zu einem Rechtsstreit kommen! Aber auch wenn man mit den Nachbarn verhandelt, macht es Sinn, den rechtlichen Rahmen zu kennen. Und in diesem Zusammenhang v. a. die (teilweise recht eigenwillige) Rechtsprechung des örtlich zuständigen Berliner Amtsgerichts bzw. der zuständigen Berufungskammer am Landgerichts. Sowohl das Mietrecht als auch das Wohnungseigentumsrecht ist relativ zersplittert und von der regionalen Praxis geprägt, und Einzelstreitigkeiten wie Tierhaltung schaffen es selten auf die Ebene des OLG (in Berlin das Kammergericht) oder gar bis zum Bundesgerichtshof.
Ein Kompromiss mit dem Nachbarn könnte z. B. darin liegen, dass ihr - bis eure Fellchen weniger stürmisch durch die Wohnung toben - etwas Lärmdämpfendes auf den Fußboden legt (das kann z. B. auch Linoleum sein, das ja auch eine weniger harte Oberfläche hat als Laminat, Dielen oder Parkett, oder auch ein guter PVC-Boden kann etwas lärmdämpfend wirken, selbst wenn es eigentlich ja ein für Wohnräume eher weniger verwendeter Belag ist). Und gleichzeitig probiert der Nachbar es mit Ohrstöpseln, deren Kosten ihr im Kulanzwege übernehmt. Und nach einem Vierteljahr wird erstmal wieder geguckt, wie sich die Sache entwickelt.
Man kann gerade auch Nachbarstreitigkeiten (WEG, Nachbarrecht etc.) zu lokalen Schiedspersonen bringen. Die Anschriften sind über das zuständige Bezirksamt erhältlich, und die Kosten liegen deutlich unter denen eines Gerichtsverfahrens, soweit ich weiß.
Ich denke, ihr müsst euch nicht grausen, die Katzen irgendwie abschaffen zu müssen oder riesigen Aufwand für den Lärmschutz treiben zu müssen, sondern habt viele Möglichkeiten, mit den Nachbarn das Thema einvernehmlich zu regeln.
LG