Es ist halt immer einfacher, einen Sündenbock zu haben, anstatt sich damit auseinanderzusetzen, wie komplex und störungsanfällig ein Ökosystem ist und wie gravierend da vor allem der menschliche Einfluss ist.
Kann man auch umdrehen: Es ist halt für Halter von Freigängern immer einfach, einen Sündenbock zu haben, anstatt sich damit auseinanderzusetzen, dass die eigenen Tiere auch ihren Beitrag leisten. Nicht den Größten, nicht den Entscheidenden, aber einen Beitrag.
Die Wild- und Hauskatzen hatte ich auf den Tisch gebracht, weil mich die Frage beschäftigte, ab wann eine Spezies eigentlich Teil eines Ökosystems geworden ist. Bei Pflanzen redet man meines Wissens von "Zugereisten", wenn sie nach dem 14. Jahrhundert hier angesiedelt wurden, aber wie ist das bei Tieren?
Ein Tier das in so unnatürlich hoher Anzahl vorkommt und ein Leben nahezu ohne natürliche Selektion führt wird niemals Bestandteil eines Ökosystems sein, ganz egal wie lange es darin lebt.
Und dass Katzen generell nicht in unser Ökosystem gehören, stimmt ja auch nicht ganz - siehe Wildkatze.
Europäische Wildkatzen gehören ins Ökosystem, Luchse gehören ins Ökosystem, Hauskatzen gehören nicht ins Ökosystem, genauso wenig wie Löwen, Nebelparder oder ALCs.
Das sehe ich auch so. Wer gibt uns eigentlich das Recht, zuerst die Umwelt so zu gestalten, dass Vögel weniger Nahrung und Brutplätze finden und dann die Freiheit der Katzen zu beschränken, weil sie gelegentlich einen Vogel erbeuten.
Wenn du gerne "Natur" mit der Hauskatze spielen möchtest, dann hör auf sie zu füttern, zu impfen, zum TA zu bringen und vor Unwetter zu schützen.
Die "Freiheit der Katze" ist nämlich auch nur eine Erfindung des Menschen und hat rein gar nichts mit "Natur" zu tun.
Okay, Du hast nicht von "ausrotten" gesprochen, aber auch Deine mildere Aussage über Sink Populations und dem Beitrag zum Aussterben würde ich nicht sofort unterschreiben - jedenfalls nicht für Deutschland. Wenn Du eine seriöse Quelle mit einer anderen Aussage hast, würde mich die - wie gesagt - sehr interessieren.
Aber vielleicht redest Du ja einfach gar nicht über Deutschland - kommt daher die Differenz? Dann wird die Diskussion aber natürlich ein bisschen abwegig, denn zum Vogelschutz in Neuseeland kann ich nun wirklich nicht beitragen, indem ich in den Freigang meiner Katzen eingreife.
Vielleicht rede ich auch gar nicht von einer einzelnen Studie, da Studien prinzipiell immer auf Einzelheiten begrenzt sind und sich eigentlich nicht dafür eignen, einen umfassenden Blick auf ein Thema zu werfen...
Dann stelle ich dir hier mal keine Studie vor, sondern direkt eine der aktuellsten wissenschaftlichen Arbeiten zu der Thematik. Es werden sehr schöne Vergleiche zwischen den einzelnen Studien gezogen. Die Schlussfolgerungen sind teilweise aus Katzenhaltersicht nicht nachvollziehbar oder in meinen Augen schlicht Mist, alles davor lesenswert. Wichtig ist genau zu lesen und nicht - wie es ab und an wohl seltsamerweise vorkommt - direkt Schlussfolgerungen zu ziehen die der Text nicht aussagt.
http://www.dib.boku.ac.at/fileadmin...likationen/KH_Gutachten_Hauskatze_Feb2014.pdf
Wenn du dir die Studie wirklich komplett durchliest können wir gerne noch über einzelne Punkte diskutieren, ich gehe nicht in allen Bereichen mit der Studie konform.
Hier noch ein recht differenzierter und sachlicher Artikel zum Thema, der auch Methodik und Aussagekraft von Studien hinterfragt.
http://www.tierschutzbund.de/filead...dudt_13_2/Katzen_und_Singvoegel_dudt_13_2.pdf
Sorry, aber das ist lächerlich. Habt ihr euch durchgelesen wie in dieser Kritik argumentiert wird?
"USA-Studie mit erheblichen Schwächen" - werft mal einen Blick auf die Fakten:
42 von 69 Vögeln sind gestorben.
33 von 42 fielen Beutegreifern zum Opfer.
8 Todesfälle wurden beobachtet und gingen direkt auf Beutegreifer zurück.
6 von diesen 8 gingen auf das Konto von Katzen.
Zusätzliche 3 tot aufgefundene Jungvögel weisen Wunden auf, die zu einer Katze passen würden.
8 weitere tot aufgefundene Jungtiere wurden anderen Raubtieren zugewiesen.
14 konnten nicht zugeordnet werden.
6+ 2 + 3 + 8 + 14 = 33
Davon 19 die laut Studie eindeutig zugeordnet werden konnten. Nicht gerade repräsentative Zahlen aber nun gut.
Die Autoren behaupten, 9 von 19 Todesfälle gehen auf Katzen zurück (47,4 Prozent)
Die Kritiker behaupten:
a) Man müsste 6 aus 69 (Jungvögel insgesamt) Berechnen.
--> Aber wir wissen ja nur bei einem Bruchteil dieser Vögel woran sie starben. Sprich, die meisten Vögel könnten, obwohl es nicht beobachtet worden ist, durchaus durch Katzen gestorben sein. Es ist zumindest unwahrscheinlich, dass die 6 BEOBACHTETEN Übergriffe von Katzen die einzigen Übergriffe in der ganzen Studie waren.
b) Man müsste 6 aus 42 rechnen (getötete Jungvögel insgesamt).
--> Dasselbe Problem wie bei a) - nur von einem Bruchteil ist die Todesursache bekannt, bei der "unbekannte Todesursache" sind garantiert noch Katzen darunter.
c) Man müsste 6 aus 33 rechnen (Beutegreifern zuordenbar).
--> Auch hier wieder 14 Fälle die nicht zugeordnet werden können und worunter sicher noch das Eine oder Andere Vogelopfer steckt.
Die richtige Überlegung müsste (vorausgesetzt das 33 Tote durch Beutegreifer stimmt insofern, dass beim Rest kein "Todesursache unbekannt"-Anteil sitzt) also lauten: Von 69 toten Jungvögeln sterben 33 durch Katzen, also 47%.
Von 16 fix zuordenbaren gingen 6 auf Katzen und 10 auf andere Tiere zurück.
Entspricht 37,5 %.
Zusammen genommen sind also in der Studie 37,5% von 47% Todesopfer durch Katzen festgestellt worden.
Das heißt, in der Studie sind etwa 8% der gesamten Todesopfer auf Katzen zurück zu führen.
--> Allerdings auch nur, wenn die Angaben der Studie stimmen und ich mich grade nicht verrechnet habe.
Nicht berücksichtigt wurde in der Studie der indirekte Effekt den Katzen auf Vögel haben. Sie setzen durch ihre hohe Präsenz die Vögel unter Dauerstress, wodurch sie leichter Opfer anderer Räuber werden.
So oder so sind 8% in meinen Augen aber keine vernachlässigbar kleine Angabe.
Korrigiert mich wenn ich jetzt in meiner Schlussfolgerung irgendwo einen Fehler habe, aber mein Fazit ist erstmal: Die Studie aus den USA ist Mist - wegen der zu kleinen Stichprobe und den hohen Unsicherheitsfaktoren in der Auswertung - aber
die Kritik ist ebenso großer Mist.
EDIT: Mir fällt gerade auf, die 3 Katzen zugeordneteten Jungvögel die tot gefunden wurden darf ich wahrscheinlich nicht vernachlässigen, da es die Statistik sehr zugunsten der anderen Beutegreifern kippt. 8% ist also wohl zu niedrig, da zuerst 9 von 19 gerechnet werden müsste oder aber alle tot aufgefundenen Vögel raus gestrichen werden sollten, was zu 6 aus 8 führen würde. Wie sehr das Ergebnis dadurch schwankt zeigt aber immerhin nochmal schön, wie unzuverlässig die Studie insgesamt ist.
Entsprechend spare ich es mir auf die 27 Vögel pro Jahr einzugehen, weiß gerade auch nicht woher die Zahl genommen wurde.
Interessant zu wissen ist aber vielleicht, dass einige wenige Super-Jäger unter den Katzen den weitaus größten Anteil der Beute stellen und die Zahlen dadurch in ungeahnte Höhen steigen lassen.
Bei euren eigenen Zählungen der Beutetiere müsst ihr bedenken, dass viele Katzen nicht jedes Beutetier nach Hause bringen - manche sogar überhaupt keines.
Die Dunkelziffer ist entsprechend um einiges größer. Auch dazu gibt es übrigens sehr interessante Studien, laut denen Katzen teils nicht mal jedes vierte Beutetier Zuhause vorlegten.
Katzen können überhaupt nicht so viel Schaden anrichten, wie der Mensch!
Katzen sind ein Teil des vom Menschen angerichteten Schadens wenn du es so sagen willst.
Das ist etwas, was mir wirklich Sorgen macht, von Jahr zu Jahr sehe ich weniger Bienen und Hummeln. Es trifft ja nicht nur die Honigbienen, die ja wie Katzen auch zu den domestizierten "Nutztieren" gehören, sondern auch zahlreiche Wildbienen und Hummelarten.
Da wird allerdings längst nicht so eifrig diskutiert wie über Katzen und Vögel.
Ja, in einem Katzenforum wird vermutlich nicht so eifrig über Bienen und Hummeln diskutiert wie über Freigängerkatzen und Vögel...