So, ich glaube, Zeit für ein persönliches Fazit. Vielen Dank erst einmal für die rege Anteilnahme und die vielen Beiträge. Hatte ich gar nicht erwartet.
Ich nehme für mich mit, dass das Entscheidende bei diesem Ansatz, und das ist vielleicht auch das, was es so ideologisch verbrämt, das Fehlen jeglicher Reglementierung ist. Das finde ich wirklich spannend. Es wird sozusagen ein paradiesischer Zustand für die Katze geschaffen, in der das Bedürfnis der Nahrungsbefriedigung, was ja was sehr Essentielles ist, in keinster Weise eingeschränkt wird. Ähnlich dem 24/7Freigang mit Katzenklappe, in der die Katze jederzeit aus beiden Welten, Abenteuer und Schutz das Beste für sich wählen kann.
Auch glaube ich, dass ad libitum Fütterung die bessere Form für ernährungssensible Katzen ist.
Die vielfältigen Beteuerungen, die Katzen würden damit nicht zunehmen, fand ich teils verdächtig vehement, auch wenn es differenzierte Haltungen gab. Ich glaube nach wie vor, dass vor allem die Katzen, die so oder so nicht zu Übergewicht neigen, von AYCE nicht dick werden. Andererseits ist es ja aber auch so, dass Katzen, die zu Übergewicht neigen, auch bei konventioneller Fütterung dazu neigen, dick zu sein. Passt das Hungergefühl und damit die Nahrungsaufnahme nicht zum Stoffwechselbedarf, bleibt dieses Spannungsfeld einfach bestehen, egal, wie man die Katze füttert. Ich hatte das schon öfter, aber ich hatte auch viele Tiere, die erst spät im Leben kastriert worden sind, vielleicht macht das was aus. Vielleicht kann sich der Organismus in jungen Jahren besser auf die neue hormonelle Lage einstellen.
Auch fand ich, wurde der Begriff des Häppchenfressers etwas überstrapaziert. Wenn ich mir anschaue, wie groß der Magen einer Katze ist und wie voluminös eine Maus, oder dass manche Katzen durchaus 200 gr. Nassfutter am Stück fressen können, dann kommt mir das nicht wie ein Häppchen vor. Ist vielleicht Häppchenfresser nicht eher in dem Sinn gemeint, dass eine Katze in freier Wildbahn, um ihren Ernährungsbedarf zu decken, mehrfach täglich Beute machen muss?
Als Nachteil sehe ich schon an, dass Struktur verloren geht und eine Chance, Bindung aufzubauen nicht wirklich genutzt wird. KatzeK hat das ja zu vermitteln versucht und da ich auch zur Fraktion der Katzenhalter gehöre, die scheue Tiere aufnehmen, kann ich das voll bestätigen. Gerade Katzen mit unzureichender Prägung auf den Menschen, müssen den Halter positiv verknüpfen lernen, um Bindung aufzubauen und das geht nun mal am besten über den Magen.
Außerdem lieben Katzen i.d.R. Struktur und Rituale. Es ist immer wieder ergreifend, wenn sich meine vier Racker abends zur gewohnten Urzeit versammeln, und, wenn das Zauberwort fällt, mit erhobenen Schwänzen in freudiger Erregung angerannt kommen, schnurren, gegenseitig köpfeln und sich reibend vor Freude. Moritz darf dann immer auf die Arbeitsplatte, um zu sehen, was es gibt, um sich dann klaglos aus der Küche schicken zu lassen. Und wenn sie dann selig schmatzend, alle ihre Köpfe im Napf vergraben, ist das einfach jeden Tag wieder ein kleines Highlight, besonders wenn man die Vorgeschichte dieser Katzen kennt.
Es ist ein bisschen Typfrage, aber ich persönlich misstraue Paradiesen, und ich habe das Stichwort Autophagie nicht ohne Grund eingebracht. Ich persönlich glaube, das Phasen, in denen keine Nahrung aufgenommen wird, wichtig sind, zur Gesunderhaltung des Organismus. Das Phänomen der Autophagie wird ja schon lange beforscht und existiert nachweislich. Von daher weiß ich nicht, ob man der Katze gesundheitlich einen Gefallen tut, wenn man ihr, was ja in der Natur wirklich auch nicht gegeben ist, permanent Futter zur Verfügung stellt. Zumindest perspektivisch.
Dass ich in absehbarer Zeit wohl kein ad libitum füttern werde, hat aber vor allem einen Grund: Ich muss meine Katzen zuverlässig abrufen können. Und das klappt einfach besser, wenn sich die Katze nicht zufällig gerade den Bauch vollgeschlagen hat.
Da ich hier ja auch einiges an Kritik einstecken musste, will ich dazu auch noch was sagen. Es gibt hier die ein oder anderen Wortführer, die für meinen Geschmack abweichende Meinungen und Einstellungen zu sehr niederbügeln und vor allem, das auf einer persönlichen Ebene abhandeln. Das nervt mich gewaltig. Ich kann euch versichern, dass ich erst "pampig" werde, wenn ich angegriffen werde und dass ich mich normalerweise nicht ohne Grund angegriffen fühle. Ich bin noch neu hier im Forum, und kann noch nicht so ganz einschätzen, wer mir liegt und wem ich besser aus dem Weg gehen will. Ich hatte aber den Eindruck, dass es Strömungen gibt, so eine Art Schwarmintelligenz, mit der man besser konform gehen sollte, will man sich keine Sympathien verscherzen, und dem mag ich mich schon aus Prinzip nicht unterordnen. Aber vielleicht erwartet man von einem "Neuen" auch mehr Zurückhaltung, als ich sie an den Tag lege, das könnte ich nachvollziehen. Von daher wird es vielleicht öfter mal knirschen, aber unterm Strich hat mir die Diskussion schon etwas gebracht, was ich auch eben versuchte zu vermitteln, und ich hoffe, euch auch.
Da mich von jeher schon sehr interessiert hat, wie Katzen wohl denken und fühlen, will ich mich darüber in absehbarer Zeit darüber austauschen und bin gespannt.
Agila